Opposition in Angola: Rache der Enterbten

Die steinreiche, aber politisch und juristisch in Ungnade gefallene Familie des Ex-Präsidenten dos Santos erwägt, die MPLA aus der Regierung zu drängen.

Isabel Dos Santos

Isabel dos Santos war einst die reichste Frau Afrikas und könnte bald die Koalition UPF anführen Foto: reuters

LUANDA taz | Zum ersten Mal seit Angolas Unabhängigkeit 1975 muss sich die ewige Regierungspartei MPLA (Angolanische Volksbefreiungsbewegung) Sorgen um ihre Zukunft machen. Die wichtigsten Oppositionskräfte erwägen eine Koalition bei den Wahlen 2022 – und ausgerechnet die einst allmächtige Familie des Langzeitpräsidenten José Eduardo dos Santos, die sich seit dessen Rücktritt 2017 mit seinem Nachfolger João Lourenço verkracht hat, könnte dies für eine Rückkehr in die Politik nutzen.

Isabel dos Santos, die ehemalige Präsidententochter und einst die reichste Frau Afrikas, wird als mögliche Anführerin der neuen Koalition UPF (Vereinigte Patriotische Front) genannt. Diese Koalition reicht von den ehemaligen Rebellen der Unita (Union für die totale Unabhängigkeit Angolas) unter Adalberto Costa Junior bis zu Oppositionsführer Justino Pinto de Andrade vom Demokratischen Block und dem ehemaligen Unita-Chef Abel Chivukuvuku mit seiner neuen Partei PRA-JA Servir Angola (Angola dienen).

Unter der 36 Jahre währenden Herrschaft von José Eduardo dos Santos kontrollierte dessen Familie alle wichtigen Machtposten in Angola und wurde mit den Ölmilliarden des Landes steinreich. Aber nach dem Amtsantritt des vorherigen Verteidigungsministers Lourenço als Präsident 2017 wurde sie Zielscheibe von Antikorruptionsfeldzügen. Isabel dos Santos’ Besitztümer im Wert von 3,5 Milliarden US-Dollar sind eingefroren und die einstige Präsidententochter, die sich ins Ausland verzogen hat, muss mit Korruptionsprozessen rechnen.

Doch aus Lourenços wirtschaftlichen Reformversprechen für Angola ist, nachdem die sinkenden Ölpreise eine tiefe Wirtschaftskrise ausgelöst hatten, noch nicht viel geworden. Heute ist Angola immer noch von Öl abhängig, die Wirtschaft kriselt weiter und die MPLA-Elite ist tief zerstritten. Die Ölproduktion, die nach wie vor zwei Drittel der Staatseinnahmen erwirtschaftet, ist von zwei Millionen Barrel täglich auf dem Höhepunkt des Booms 2008 auf noch rund 1,4 Millionen gesunken.

Leichtes Wachstum des Bruttoinlandsprodukts

Seit 2016 schrumpft Angolas Bruttoinlandsprodukt jedes Jahr, das Pro-Kopf-Einkommen hat sich seit 2014 mehr als halbiert. Für dieses Jahr wird ein leichtes Wachstum von nur 0,4 Prozent vorhergesagt. „Die größte Herausforderung besteht darin, Lebensmittel bereitzustellen, damit die Angolaner nicht hungern“, sagt Norberto dos Santos, MPLA-Chef der Provinz Malanje.

Die letzten Wahlen 2017 hatte die MPLA mit 61 Prozent gewonnen, gegen knapp 27 Prozent für die Unita-Opposition. Kommunalwahlen 2020 wurden wegen Covid-19 abgesagt. Eine geeinte Opposition bei den nächsten Wahlen könnte eine ernstzunehmende Gefahr für die MPLA darstellen, sagt der politische Analyst Jarvis Mateus in der Hauptstadt Luanda:. „Abgesehen von den parteiinternen Spannungen haben der Niedergang der Wirtschaft und das scharfe Vorgehen gegen Dissidenten die Aussichten der MPLA verdüstert.“

Ob Isabel dos Santos tatsächlich versucht, an der Spitze der Opposition an die Macht in Angola zu gelangen, bezweifeln viele Beobachter. „Sie ist mit ihren juristischen Problemen beschäftigt und könnte bei einer Rückkehr nach Angola verhaftet werden“, sagt der Analyst Maico Borba. „Doch die MPLA ist wegen ihrer internen Streitereien reif für eine Spaltung und Sympathisanten der Dos-Santos-Familie würden sich dann der neuen Allianz anschließen.“

Die MPLA gibt sich unbeeindruckt. Das neue Oppositionsbündnis sei Ausdruck von „Opportunismus“, sagt ein Offizieller der Partei: „Die MPLA bleibt die einzige Partei, die der Ermächtigung des Volkes verpflichtet ist.“

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