Impfen in Berlin: Ganz Kreuzberg eingeladen

Schwerpunktimpfung in Kreuzberg: Bis Sonntag haben Anwohner die Wahl zwischen Moderna und Johnson & Johnson. Die Schlange schrumpfte schnell.

Menschen, die in Kreuzberg auf die Impfung warten

Schlange von Impfwilligen in der Lobeckstraße in Kreuzberg Foto: plu

BERLIN taz | Unter schattenspendenden Eichen und Plantanen zieht sich die Schlange den Sandweg neben der Lobeckstraße hinunter. Seit 9.30 Uhr findet an diesem Freitag in der Sporthalle jenseits des Zauns Kreuzbergs erste Schwerpunktimpfung statt.

Es ist die typische Kreuzberger Mischung. Punks, Frauen mit Kopftuch, Eltern mit Kinderwagen. Die Mehrzahl ist jung, einige haben Stühle mitgebracht, den Laptop auf den Knien machen sie Homeoffice. Ein junger Mann sitzt auf seinem Skateboard, in seinem Handy schaut er sich einen Vortrag über die Komposition von Comics und Graphic Novels an. Auffällig viele in der Schlange sind in Bücher vertieft.

Auch in anderen Bezirken haben schon sogenannte Kiez-Impfungen stattgefunden. Das Kriterium für sie ist, dass die Menschen in beengten Verhältnissen wohnen und das Infektionsrisiko deshalb höher ist. In Kreuzberg findet die Aktion noch bis Sonntag, jeweils von 9.30 bis 16.30 Uhr, statt. Alle, die über 18 sind, können in die Sporthalle in der Lobeckstraße kommen, vorausgesetzt, man wohnt am Mehringplatz, Wassertorplatz, Mariannenplatz, im Zentrum Kreuzberg/Oranienstraße oder in der Werner-Düttmann-Siedlung.

Am Eingang zum Sportplatz steht Susanne Hilmer. Sonnenbrille auf der Stirn, die Haare zum Pferdeschwanz zusammengebunden, versprüht die Büroleiterin von Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) gute Laune. 800 Schuss habe man pro Tag für die Impfaktion zur Verfügung, erzählt Hilmer. 500 Spritzen Moderna und 300 Johnson & Johnson.

Blauer Sticker für Moderna

Die Leute könnten wählen. Wer Moderna will, bekommt am Eingang einen blauen Sticker an die Brust geheftet, bei Johnson einen gelben. Auch Junkies und Obdachlose würden geimpft. „Wir schicken niemanden weg“, betont Hilmer.

„Die Bundeswehr ist übrigens auch dabei, herzlichen Dank“, erzählt sie mit belustigtem Unterton. Bezirksbürgermeisterin Herrmann hatte von der CDU einst Dresche bezogen, weil sie sich gegen eine Unterstützung der Bundeswehr in Kreuzberg zur Nachverfolgung von Infektionsketten verwahrte hatte.

Vor der Turnhalle steht breitbeinig ein beleibter Bundeswehrsoldat. „Eins, zwei“, ruft der Mann im Kommandoton, soll heißen, zwei weitere aus der Schlange können eintreten. Acht Bundeswehrsoldaten nehmen in der Halle die Daten auf, „keine Fotos!“, ruft einer grimmig.

Hilmer ist Herrmanns rechte Hand. Seit zehn Jahren macht sie den Job. Auch das Myfest organisiert sie regelmäßig. „Immer schön mit der Schlange kommunizieren“, ermahnt sie die Männer von der Security. Eine Schlange organisiere sich in der Regel eigentlich immer ein Stück weit selbst, trotzdem sei es wichtig, sich um die Leute zu kümmern, erklärt sie.

Die Schlange in der Lobeckstraße schrumpft an diesem Freitag schneller als erwartet. Kurz nach 12 Uhr vermeldet die Bürochefin, ganz Kreuzberg könne ab sofort zur Impfung kommen. 550 Spritzen für den Tag gebe es noch. Auch Samstag und Sonntag werde man gegebenenfalls weitere Kieze einbeziehen, kündigt Hilmer an. Ohne Wartezeit zur Impfung durchstarten, wenn das kein Anreiz ist.

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