Streit um Berliner Flussbad: Im langen Schatten des Schlosses

Wie alt und würdig es in Berlins Mitte zugehen soll, ist steter Anlass zum Streit. Jetzt stören sich Denkmalfreunde am geplanten Berliner Flussbad.

Einer Schwimmern springt vor dem Start des Berliner Flussbad Pokals 2015 am Bode-Museum in Berlin in die Spree

Ob so einen Spaß Berlins Mitte überhaupt ertragen kann? Foto: Jörg Carstensen/dpa

Ein Schloss kommt selten allein. Vor allem die Rekonstruktion des Berliner Stadtschlosses hat viele Begehrlichkeiten im Gepäck. Dieses städtebauliche „Wer A sagt, …“ begann schon nach der Entscheidung für das Humboldt Forum im Gewand des wiedererrichteten Preußenschlosses. Warum nicht jetzt auch „B sagen“, also die Altstadt auf der anderen Seite der Spree wiederaufbauen, hieß es bald. Vorbilder gab es ja genug, auf die die Freunde des historischen Berlins verweisen konnten: den Römer in Frankfurt am Main oder den Neumarkt in Dresden.

Diese „große“ historische Lösung konnte bekanntlich abgewehrt werden. Nun aber kommen die vielen kleinen Begehrlichkeiten, die die Sache in der Summe nicht besser machen. Bei der Bauakademie von Karl Friedrich Schinkel ist zwar die Finanzierung geklärt, die Nutzung und die Gestalt des Wiederaufbaus sind es nicht. Die Stimmen derer, die eine historistische Rekonstruktion befürworten, wurden schon vor fünf Jahren erhoben.

Eine davon stammt von Hermann Parzinger. Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz schrieb damals ganz im Sinne von „Wer A sagt, …“: „Spätestens wenn der Wiederaufbau des Berliner Schlosses vollendet ist, wird man die aus Plastikplanen und Aluminiumgestänge bestehende Attrappe der Bauakademie als immer unerträglicher empfinden“, war in einem Beitrag von ihm im Tagesspiegel zu lesen. „Wenn es überhaupt ein Gebäude in der Mitte Berlins gibt, das exemplarisch für die architektonische Modernität und Innovationskraft der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts steht, dann ist es die Bauakademie. Und wenn es ein Gebäude gibt, das es als Zeugnis des Vergangenen in dieser Mitte Berlins wert ist, wiederzuerstehen, dann dieser revolutionäre Ziegelbau von 1836.“

Natürlich gab es auch Gegenstimmen. Sie verlangten, den innovativen Geist Schinkels in einen Wettbewerb mit einfließen zu lassen. So warf der Kunsthistoriker Adrian von Buttlar die Frage auf, wie Schinkel selbst wohl auf einen Wiederaufbau reagieren würde. Von Buttlar war überzeugt: „Man ehrt Schinkel nicht, wenn man ihn rekonstruiert.“

Ein Stinkefinger gegen ihr Denkmal, sagen die Initiatoren, sei das Flussbad

Das jüngste Beispiel an Begehrlichkeit ist die Debatte über das geplante Flussbad. Am Steilufer über der Spree, droben auf der Schlossfreiheit, soll zwar nicht wieder das Kaiser-Wilhelm-­Na­tio­nal­denk­mal entstehen. Aber auch die Initiatoren des Einheits- und Freiheitsdenkmals, das dort derzeit errichtet wird, haben in ihrem Gestus etwas Cäsarisches. Am Donnerstag gaben sie auf einer Pressekonferenz zu bedenken, dass der gläserne Fahrstuhlturm, der neben dem Denkmal die Höhe zwischen Spree und Schlossfreiheit überwinden soll, ein „Stinkefinger“ gegen ihr Denkmal sei.

Natürlich geht es aber nicht gegen den Fahrstuhl und auch nicht gegen die Freitreppe, deren behindertengerechte Ergänzung er ist. Unerträglich ist den Denkmalinitiatoren der Gedanke an ein Flussbad, in dem einmal Berlinerinnen und Berliner und auch Touristen schwimmen können. Man habe nichts gegen ein Flussbad, tat Ex-Bundestagspräsident Wolfgang Thierse kund, aber müsse das ausgerechnet hier entstehen?

„Ausgerechnet hier“: Die Begehrlichkeiten, die das Schloss weckt, haben längst nicht nur den Wunsch nach historischen Rekonstruktionen geweckt. Sie reichen nun auch bis zur Frage, wer rund um das Schloss und die Museumsinsel erwünscht ist oder nicht.

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Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.

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