demnächst in bremen
: „Ungleichheit soll thematisiert werden“

Foto: Stefan Sättele

Anneliese Niehoff

54, leitet das Referat Chancengleichheit/Antidiskriminierung der Uni Bremen.

Interview Marie Gogoll

taz: Frau Niehoff, der Equality Slam wird von der Uni organisiert. Einer Institution, in der viel Selektion stattfindet. Ist das nicht ein Widerspruch?

Anneliese Niehoff: Die Frage stellen wir uns natürlich auch und achten deshalb darauf, nicht nur die üblichen Kreise anzusprechen. Mit dem Slam haben wir uns schon mal gegen ein klassisches Uni-Format entschieden. Wir versuchen außerdem, unsere Netzwerke zu erweitern. Dafür sind wir zum Beispiel auf die Queercommunity der Hochschule und die Black Student Union zugegangen. Die sind studentische Interessenvertretungen mit vielfältigen Perspektiven. Und wir haben Idil Baydar als Moderatorin angefragt, um den Slam weniger universitär zu gestalten. Sie ist klug, witzig und kritisch, aber kein typischer Gast an der Hochschule.

Wer soll denn im September neben Idil Baydar­ auf der Bühne stehen, wen möchten Sie mit dem Aufruf ansprechen?

Alle FLINTAs, also Frauen, Lesben, Inter-, Nonbinär-, Trans, können auf deutsch oder englisch slammen, die Texte sollten Rollenerwartungen, Selektion und Diskriminierung im universitären Rahmen thematisieren. Also Fragen wie: Wer kommt überhaupt in die Uni rein? Wie wirkt dieser Ort von außen und von innen? Alle, die denken, dass sie dazu etwas sagen­ können, sind eingeladen.

Es geht also um Geschlechtergerechtigkeit an der Uni?

Auch, aber nicht nur. Im Hochschulbereich gibt es Ungleichheit zwischen den Gehältern von Männern und Frauen und in vielen Fachbereichen mehr Professoren als Professorinnen. Diese Ungleichheit soll beim Slam thematisiert werden. Wir wollen uns aber nicht nur auf die Geschlechterfrage konzentrieren, zumal sich ja jede Frau in einer anderen Position befindet. Die eine erfährt vielleicht noch rassistische Diskriminierung, die andere ist körperlich benachteiligt und die dritte hat es durch ihre soziale Herkunft im akademischen Alltag schwer. Diese Dinge laufen zusammen, nicht jede hat gleich schlechte oder gute Chancen.

Und zu diesen Themen passt Idil Baydar als Moderatorin.

Der ‚Equality Slam‘ ist ein Poetry Slam zum Thema (Un-)gleichheit an der Uni. Er findet am 29.10. in der Schwankhalle statt

Bewerbungsschluss zur Teilnahme ist der 27.6., Infos auf der Website der Bremer Uni

Genau, sie hat selbst eine starke Haltung zu Gerechtigkeitsthemen und engagiert sich aktivistisch. Außerdem hat sie eine tolle Bühnenpräsenz und einen coolen, kantigen Humor.­ Ihre Prominenz vergrößert zudem unsere Reichweite.

Idil Baydars Prominenz ist zuletzt durch Morddrohungen vom rechtsextremen NSU 2.0 noch gewachsen. Welche Sicherheitsvorkehrungen müssen Sie als Veranstalterin treffen?

Mit der Einladung möchten wir uns wegen der Drohungen auch mit Idil Baydar solidarisieren. Welche Sicherheitsvorkehrungen wir treffen, werden wir mit der Schwankhalle und Frau Baydar selbst besprechen.