Die neuen Öko-Frachter

Auch die Schifffahrt muss ihren CO2-Ausstoß drastisch reduzieren, doch die Reeder zieren sich noch, die innovativen Windkraft-Lösungen zu nutzen43–45

Wo bitte geht’s hier zur Zukunft? Der Frachtsegler „Avontuur“ sieht altmodisch aus, ist aber zumindest auf dem richtigen Kurs – anders als die Schweröl-Stinker an Steuerbord Foto: Foto: Verena Brüning

Von Jan Zier

Bis vor Kurzem waren Segel auf Frachtschiffen ja nur noch etwas für Romantiker:innen. Klar, es gibt Traditionssegler wie die in Elsfleth bereederte „Avontuur“, die ökologisch produzierte Fracht ökologisch verschifft. Aber die Lösung für eine umweltfreundlichere Welt ist das nicht: In die „Avontuur“ passt nicht mehr als in drei Standardcontainer. Zum Vergleich: Hapag-Lloyd hat sich vor Kurzem sechs neue Containerschiffe bestellt, in die 23.500 solcher Container passen, und zwar in jedes. Dennoch sorgt sich auch die Hamburger Reederei um ihren „ökologischen Fußabdruck“, wie sie sagt. Ihre neuen Schiffe können deshalb nicht nur mit Schweröl, sondern auch mit Diesel oder Flüssiggas (LNG) fahren.

Doch, doch, das ist ein Fortschritt. Aber nur ein kleiner. Denn auch LNG ist nur eine Brückentechnologie, mit der sich Reedereien ein paar Jahre Zeit erkaufen. Ganz abgesehen davon, dass da auch das aus den Rinderfürzen bekannte Methan entweicht, was die Klimabilanz „ins Negative umkehren kann“, wie das Umweltbundesamt erklärt.

Zwar emittieren Frachter pro Tonne und Kilometer viel weniger Kohlendioxid als Lastwagen. Und der Schiffsverkehr ist nach verbreiteten Schätzungen auch nur für rund drei Prozent der weltweiten CO2-Emmissionen verantwortlich. Aber zum einen – auch das sagt das Umweltbundesamt – ist das mehr, als Deutschland in einem ganzen Jahr emittiert. Und zum anderen stoßen die Schiffe gleichwohl mehr Schadstoffe aus als der Landverkehr. Bis vor Kurzem waren noch Schwefelmengen im Schweröl erlaubt, die dem 3.500-fachen dessen entsprechen, was im Straßenverkehr erlaubt ist. Jetzt sind es nur noch 100-mal so viel.

CO2-Ausstoß soll halbiert werden

Es muss etwas passieren. Denn die Internationale Seeschifffahrts-Organisation hat 2018 beschlossen, bis 2050 den Kohlendioxidausstoß der Schiffe zu halbieren, verglichen mit den Werten von 2008. Und mit LNG allein ist das nicht zu schaffen. Schon gar nicht, wenn in der Zeit das Ladungsvolumen steigt – 90 Prozent des Welthandels werden auf See abgewickelt.

Zwar gibt es schon seit 15 Jahren vollautomatische Zugdrachen zu kaufen, die die Hamburger Firma Sky Sails entwickelt hat und die es bis in die Tagesschau schafften. Auf einem Frachtschiff von 190 Metern Länge und 50.000 Tonnen Ladung kann man damit bis zu zehn Tonnen Öl einsparen. Am Tag.

Dennoch hat sich das Konzept nie durchgesetzt: Gesetzliche Vorgaben fehlen und der Ölpreis war zu niedrig. Und was ist, wenn der teure Zugdrachen abstürzt? Die Schifffahrtskrise tat ihr Übriges. Die Folge: „Bis heute gibt es nur eine Handvoll Frachtschiffe, die einen Windantrieb haben“, sagt Sky-Sails-Gründer Stephan Wrage. Aber 90.000 Fracht-, Passagier- und Serviceschiffe, Fischerboote nicht mitgezählt.

Gerade werden vielerorts oft futuristisch wirkende Konzepte ersonnen. Und plötzlich sind auch große Player am Start. Aus dem Airbus-Konzern kommt eine neue Idee für Kite-Segel, aus Frankreich der Plan für einen Auto-Transporter mit vier Segeln für Renault, in Schweden entwickeln sie einen 200 Meter langen Segelfrachter für 7.000 Autos, der 90 Prozent weniger Emissionen verursachen soll als die heutigen Schiffe. Und in England werden gerade Investoren für einen besegelten Tanker gesucht, der fast ein Drittel an Treibstoff einsparen soll.

Die meisten neuen Konzepte für Öko-Frachter sind bisher noch Entwürfe auf Computern. Eines aber, gebaut im ostfriesischen Leer, ist schon zwischen Schweden und England unterwegs. Es hat einen Windrotor, der nicht nach einem schönen Segel, sondern nach einem fiesen Schornstein aussieht. Die Idee dazu ist übrigens hundert Jahre alt.