Oben ohne

Foto: taz

Masken sind nervig“, bekannte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in dieser Woche. Nicht, weil der von einer Maskenaffäre geplagte Mann aus seinem Herzen plötzlich keine Mördergrube mehr machen wollte, sondern wieder nur, um das Volk zu besänftigen: Die Maskenpflicht bleibt zwar vorerst – aber nur drinnen. Es ist Sommer, und draußen nur Kännchen, aber eben keine Masken mehr, und wenn doch, dann wie auf dem Foto links! Juhu!

Man kann nun von Jens Spahn halten, was man will – gelogen hat er jedenfalls nicht, als er zu Beginn der Pandemie verkündete, dass wir einander noch viel zu verzeihen haben würden. Und sind wir nicht alle ein bisschen Jens Spahn? Als mein Haushalt im langsamen Aufschaukeln der ersten Welle in akute Maskennot geriet, rief jedenfalls auch ich Volkswagen, Lufthansa und BASF zu Hilfe. Und als niemand antwortete, kaufte ich bei Amazon zehn Masken für vernünftige sechs Euro, die allerdings nie bei mir ankamen (vermutlich wurde das Paket auf irgendeinem Rollfeld von ominösen Ge­heim­dienst­mit­ar­bei­te­r*in­nen abgefangen), und eine Philips-Küchenmaschine mit 650 Watt, die heute nur rumsteht.

Geliefert wurden dafür die fünf in Panik bestellten Masken für 17,98 Euro, wenn auch erst, als die erste Welle bereits gebrochen war. Die in schwarze Folie gewickelten OP-Masken stanken nach einer Mischung aus Schweröl und Wofasept. Weil sie keiner geschenkt haben wollte, sind sie nun (neben fünf Päckchen Beluga-Linsen) Teil meiner persönlichen Nationalreserve, direkt über der Kiste mit dem Schuhputzzeug. So was passiert halt!

Auch wenn ich nicht schon in meinen Zwanzigern ein Immobilienimperium aufgebaut habe, so habe ich sehr wohl auch das Geld anderer Leute (meiner armen Eltern) großzügig ausgegeben in diesen Jahren – und welche meiner Freunde würden nicht gern 29,99 Euro für ein Dinner mit mir beim Griechen bezahlen? Gut, im Rückblick habe ich das mit den Maskendeals und Testzentren verpennt – hätte ich mal eines in meiner innenstadtnahen Küche eröffnet. Dafür mache ich auf Kosten des Bunds Bürgertests ohne Ende, damit ich ins Schwimmbad darf.

Man ist nicht unfehlbar, und eines Tages wird auch mir der Bundesrechnungshof auf die Schliche kommen und fragen, was es denn eigentlich mit dem Fingerspitzenoximeter für 23,69 Euro auf sich hat, das ich auf dem Höhepunkt der zweiten Welle in Todesangst online bestellt und nie bekommen habe, ohne im Nachgang zu prüfen, ob eine korrekte Erstattung der Summe für die nicht gelieferte Ware auf mein Girokonto erfolgt ist.

Aber wissen Sie was? Das wird jetzt ein schöner Sommer. Und ich verzeihe mir. Martin Reichert