Debatte über höhere Benzinpreise: Auch Linke wollen Autofahrer ärgern

Die Linkspartei kritisiert Annalena Baerbock, weil sie einen höheren Benzinpreis fordert. Dabei will die Linke Verbrennerautos gleich ganz verbieten.

Während dem globalen Klimastreik im November 2019 fordert Die Partei Die Linke fordert die Verkehrswende mit dem Modell einer S-Bahn kostenlosen ÖPNV zum Nulltarif

Globaler Klimastreik im September 2019 in Frankfurt: Linkspartei fordert ÖPNV zum Nulltarif Foto: Ralph Peters/imago

BERLIN taz | In der Debatte um höhere Benzinpreise stehen sich Grüne und Linke scheinbar unversöhnlich gegenüber. Als die Grüne Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock in einem Interview vorrechnete, dass mit einem angestrebten CO²-Preis von 60 Euro der Benzinpreis um 16 Cent steigen würde, warf ihr Linken-Fraktionschefin Amira Mohamed Ali per Twitter „unerträgliche Arroganz“ gegenüber Menschen mit kleinen Einkommen vor. Auch Ko-Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartsch geißelte Baerbock in einem Gastbeitrag für den Focus: „Autofahrer werden mit ihr künftig stärker zur Kasse gebeten.“

Doch noch 2018 waren sich beide Parteien in diesem Punkt durchaus einig. In einem gemeinsamen Antrag im Deutschen Bundestag forderten Abgeordnete von Grünen und Linken, darunter Baerbock und Mohamed Ali, die Bundesregierung auf, „einen wirksamen CO²-Mindestpreis für alle Sektoren einzuführen“. Also auch für den Verkehr.

Inzwischen haben die Linken ihre Haltung geändert und lehnen einen CO²-Preis sowohl im Verkehrs- als auch im Wohnungssektor ab. „Ein CO²-Preis, der echte klimapolitische Wirkung zeigt, müsste bei 180 bis 190 Euro liegen. Das auf die Verbraucher und die Mieter abzuwälzen, halten wir für sozial höchst ungerecht“, begründet der Linken-Klimapolitiker Lorenz Gösta Beutin den Sinneswandel.

Dennoch hätte er auf Baerbocks Vorstoß wohl etwas anders reagiert, denn nach wie vor gebe es in vielen Punkten Übereinstimmung zwischen Linken und Grünen. Das zeigen auch die Entwürfe der Wahlprogramme zur Bundestagswahl. Demnach wird die Linke mitnichten zur neuen Lobbypartei für Autofahrer:innen. Im Gegenteil. Auch sie möchte, dass die Menschen weniger Auto fahren, sie spricht sich, wie auch die Grünen, für eine grundlegende Verkehrswende aus.

Mehr Bus und Bahn

Die Linke möchte, dass spätestens ab 2030 keine Pkw mit Verbrenner mehr neu zugelassen oder exportiert werden. Ähnlich wie die Grünen, die fordern, dass in neun Jahren nur noch „emissionsfreie Autos“ zugelassen werden. Beide Parteien wollen Subventionen für Diesel streichen und sind für ein Tempolimit von 120 km/h auf Autobahnen.

Doch während die Grünen ein Bonussystem für „saubere Autos“ anregen, will die Linke sogar verhindern, dass die Leute aufs E-Auto umsteigen, und spricht sich in ihrem Programmentwurf gegen eine Kaufprämie für Elektroautos aus.

Stattdessen will die Linkspartei massiv in den öffentlichen Nahverkehr investieren, Streckennetze ausbauen und ein kostenloses ÖPNV-Jahresticket einführen. Die Zahl der Nut­ze­r:in­nen soll sich bis 2030 verdoppeln. Das streben auch die Grünen an.

Beide Parteien stimmen auch darin überein, dass Kurzstreckenflüge verzichtbar sind. Die Grünen wollen sie bis 2030 überflüssig machen, die Linken möchten Flüge zu Destinationen im Umkreis von 500 km sogar verbieten.

Mehr Markt oder mehr Staat

In den Zielen sind sich Linke und Grüne also durchaus einig. Differenzen gibt es eher bei den Mitteln. Die Grünen setzen eher auf Preis-, die Linken stärker auf Ordnungspolitik.

So will die Linke die Deutsche Bahn am liebsten verstaatlichen und „zu einem zentralen Pfeiler der Klimapolitik machen“, wie Beutin betont. Die Grünen möchten den Deutsche-Bahn-Konzern dagegen lediglich „transparenter und effizienter“ machen.

„Die Frage ist doch, ob wir mit mehr Markt oder mit sozialer Gerechtigkeit Klimaschutz machen“, meint Beutin. „Die Grünen halten sich derzeit beide Optionen offen.“ Er befürchte, dass die Diskussion über einen CO2-Preis die fällige Diskussion über ordnungspolitische Maßnahmen auch in den Sektoren Wohnen und Energie ersetzen könne. Und dass am Ende nicht die Verursacher, sondern allein die Verbraucher die Zeche zahlen müssen.

Tatsächlich werden aber auch die klimapolitischen Vorschläge der Linken zu höheren Preisen führen. So fordern sie in ihrem Programmentwurf auch höhere Erzeugerpreise auf Agrarprodukte und lehnen Massentierhaltung ab. Daraus folgt dann aber auch, dass Fleisch, Milch und Gemüse teurer werden. Auch für die Verbraucher.

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