CDU-MP Haseloff is looking for freedom

Doch kein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der AfD: Die CDU fährt in Sachsen-Anhalt einen klaren Sieg ein. Regierungschef Haseloff hat bei der Koalition die Wahl

Dürfte enttäuscht sein: AfD-Spitzenkandidat Oliver Kirchner bei der Stimmabgabe in Sachsen-Anhalt Foto: Fo­to: Sebastian Kahnert/dpa

Von Ulrich Schulte

Für Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ist die Wahl in Sachsen-Anhalt ein Erfolg. Seine CDU wurde nach Zahlen der 18-Uhr-Prognose im ZDF mit 35 Prozent mit Abstand stärkste Kraft. Die Horrorvision einer AfD auf Platz 1 erfüllte sich nicht. Nun wird Haseloff weiterregieren können, er hat sogar die Wahl: Möglich ist die Fortsetzung der Kenia-Koalition mit CDU, SPD und Grünen, aber auch ein Bündnis aus CDU, SPD und FDP oder eine Jamaika-Koalition mit der FDP und den Grünen.

Offenbar hat Haseloff kräftig von seinem Amtsbonus profitiert. Seine CDU verbesserte sich im Vergleich zu ihrem 29,8-Prozent-Ergebnis im Jahr 2016 um gut 5 Prozentpunkte. Die SPD musste Einbußen hinnehmen, sie kam auf 8 Prozent (2016: 10,6). Die Einstelligkeit ist für die Sozialdemokraten eine Demütigung. Fast ebenso schlimm erging es der Linken, die auf 11 Prozent abrutschte (2016: 16,3). Die Grünen konnten mit rund 6 Prozent im Vergleich zur vorherigen Wahl leicht zulegen (2016: 5,2). Die FDP schaffte es mit etwa 7 Prozent ins Parlament (2016: 4,9).

Die AfD, die in Sachsen-Anhalt besonders radikal auftritt, wurde klar zweitstärkste Kraft. Sie schaffte gut 23 Prozent und sackte im Vergleich zur Wahl 2016 leicht ab, als sie 24,3 Prozent erreichte. In der Partei hatte man sich größere Hoffnungen gemacht. Sie hatte auf einen hart rechten Wahlkampf gegen Coronaregeln, gegen Flüchtlinge und Klimaschutz gesetzt und der CDU im Vorfeld eine Zusammenarbeit angeboten, etwa durch eine tolerierte Minderheitsregierung.

Die Regierungsbildung könnte interessant werden. Die Kenia-Koalition, die seit 2016 in Sachsen-Anhalt regiert, war von Beginn an eine Notlösung. CDU, SPD und Grüne mussten sich zusammenschließen, denn alle anderen Konstellationen hätten damals ein Mitregieren der AfD erzwungen. Für die CDU war auch die Zusammenarbeit mit der Linkspartei undenkbar. Die Kenia-Koalition kann trotz der Unterschiedlichkeit der Partner einige Erfolge vorweisen, weil man sich Erfolge gönnte. Die CDU pries sich für den Weiterbau der Autobahn A 14 nach Norden, die SPD setzte ein höheres Budget für die Hochschulen durch – und die Grünen verwiesen darauf, dass die Mittel für Radwege versechsfacht wurden.

Haseloff hat nun die dreifache Wahl: Schwarz-Rot-Grün, Schwarz-Rot-Gelb oder Schwarz-Gelb-Grün

Allerdings waren die Fliehkräfte in dem Bündnis riesig. Der CDU-Landesverband gilt als einer der konservativsten in Deutschland, vielen Fraktionsmitgliedern ist das Regieren mit den Grünen verhasst. Wiederholt fehlten der Koalition mit ihrer knappen Zweisitzemehrheit bei Personalwahlen und Sachentscheidungen Stimmen aus den eigenen Reihen – in Verdacht geriet stets die CDU. Im Dezember 2020 stoppte die CDU-Fraktion eine Gebührenerhöhung für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, obwohl alle anderen Länderparlamente und mehrere CDU-Ministerpräsidenten, Haseloff inklusive, dafür waren.

Die Koalition stand vor dem Abgrund, die Grünen überlegten auszusteigen. Dass sie sich zähneknirschend fürs Weiterregieren entschieden, habe auch an der Verantwortung in der Coronapandemie gelegen, hieß es damals bei den Grünen. Denkbar ist nun also, dass Haseloff die Grünen gegen die FDP austauscht. Er wird entsprechenden Druck aus seiner eigenen Partei bekommen.

In der CDU dürfte der Ausgang der Wahl für Erleichterung sorgen – auch im Berliner Konrad-Adenauer-Haus. In Umfragen hatte es zuvor so ausgesehen, als könne es ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der AfD geben. Ein Sieg der Rechten hätte unweigerlich eine bundesweite Debatte über den CDU-Kurs provoziert – und über Probleme des Kanzlerkandidaten Armin Laschet. Dies bleibt Laschet und seiner CDU nun erspart. Haseloff hat auch für Berlin gesiegt.