Reformen in katholischer Kirche: Vatikan verschärft Kirchenrecht

Papst Franziskus reformiert das vatikanische Strafrecht und schafft klarere Regeln – etwa beim Thema sexualisierter Gewalt und kirchlichem Vermögen.

Filippo Iannone (r), Präsident des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte, und Juan Ignacio Arrieta Ochoa de Chinchetru, Sekretär des Päpstlichen Rates für die Gesetzestexte, sprechen während einer Pressekonferenz

Der päpstliche Rat hat am Dienstag die Gesetzesänderung des Strafrechts des Vatikans verkündet Foto: Andrew Medichini/ap/dpa

ROM taz | Die katholische Kirche will aus ihrem Strafrecht künftig ein scharfes Schwert machen. Sexualisierte Gewalt etwa soll nicht mehr als ein Zölibatsverstoß, sondern als eine Straftat „gegen Leben, Würde und Freiheit des Menschen“ behandelt werden. Das geht aus einer Änderung des kirchlichen Gesetzbuches (Codex Iuris Canonici, kurz CIC) hervor, die am Dienstag veröffentlicht wurde.

Kirchliche Rich­te­r*in­nen sollen demnach nicht nur Übergriffe auf Minderjährige, sondern auch auf Erwachsene bestrafen können. Nicht mehr nur Vergehen von Priestern, sondern von allen kirchlichen Ver­tre­te­r*in­nen­ und grundsätzlich allen Gläubigen sollen zukünftig auch kirchlich, das heißt mit Geldstrafen, dem Entzug von Gehaltsansprüchen oder Exkommunikation bestraft werden. Anders als von Opferverbänden erhofft, verzichtet der Vatikan aber auf eine Ausdifferenzierung der Straftaten, sondern spricht allgemein von Vergehen gegen das sechste der Zehn Gebote: den Ehebruch.

Verstöße gegen die bestehende Anzeige- und Meldepflicht von Vergehen werden in Zukunft allerdings als eigene Straftat gewertet. Somit beschneidet die Gesetzesänderung Bischöfe und andere Führungspersönlichkeiten weitgehend in ihrem eigenen Ermessensspielraum, infolge dessen Vergehen in der Vergangenheit immer wieder vertuscht wurden. Erst am vergangenen Freitag hatte der Papst zwei „apostolische Visitatoren“ nach Köln geschickt, um den Umgang des dortigen Erzbischofs Rainer Woel­ki mit Fällen sexualisierter Gewalt in seinem Bistum zu überprüfen.

Bei der Reform des Kirchenrechts hat der Vatikan zudem finanzielle Vergehen wie Korruption genauer definiert und eine stärkere Ahndung verankert. Ein fahrlässiger Umgang mit kirchlichem Vermögen, wie er in Deutschland in den Bistümern Limburg und Eichstätt öffentlich wurde, ist in Zukunft mit Strafen und einer Wiedergutmachung verbunden. Neu ist aber auch, dass das Rechtsprinzip der Unschuldsvermutung einen Platz im Kirchenrecht findet.

Das reformierte Kirchenrecht könnte Re­for­me­r*in­nen aber auch aufstoßen: So wurden zum Beispiel die Weihe von Frauen zu Pries­te­rin­nen – eine zentrale Forderung der katholischen Reformbewegung Maria 2.0 – sowie die Spendung von Sakramenten an Menschen, denen der Empfang kirchlich verboten ist, als Straftat in den CIC übernommen. Dies betrifft etwa geschiedene, wiederverheiratete Ka­tho­li­k*in­nen oder solche, die in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung leben. Dass Rom homosexuelle Beziehungen nicht kirchlich anerkennen will, führte kürzlich zu einer deutschlandweiten Protestaktion unter dem Titel #liebegewinnt, an der sich über 100 katholische Gemeinden beteiligten.

Die Bearbeitung von gut zwei Dritteln des CIC stellt die erste größere Reform des Gesetzbuches seit 1983 dar und dauerte zwölf Jahre. Am 8. Dezember 2021 soll das neue Recht in Kraft treten.

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