Die Wahrheit: Jungfrau mit Tomatensaft

Größter Exportschlager der Iren ist natürlich – der Irish Pub. Selbst in Abu Dhabi soll es einen geben. Wie in Dublin allerdings ohne Alkohol.

Die Iren wollen ihren Ruf aufmöbeln. Ob das klappt? Bisher galten sie als gottesfürchtige Trinker, die nach ein paar hochprozentigen Getränken unweigerlich in Gesang ausbrechen. Oder eine Schlägerei losbrechen lassen. Oder beides.

Der Dubliner Schriftsteller Brendan Behan sagte einmal, dass er nur aus zwei Gründen trinke: „Wenn ich Durst habe, und wenn ich keinen Durst habe.“ Dieses Prinzip haben sich Generationen von Iren zu eigen gemacht. Behan ist allerdings im Alter von 41 Jahren in der Harbour Lights Bar in Dublin tot umgefallen.

Irland hat der Welt den Irish Pub geschenkt. Er fehlt in fast keiner Großstadt der Welt, selbst in Peking gibt es Durty Nellie’s Beijing Irish Bar. Die Irish Pub Company verkauft seit 1979 Bausätze für einen „authentischen irischen Pub“, und deshalb sehen viele dieser Kneipen identisch aus. Auch die angebotenen Mahlzeiten unterscheiden sich nicht: Toasted Cheese Sandwiches, Toasted Ham Sandwiches und Toasted Cheese and Ham Sandwiches. Und Pommes frites.

Aber jetzt soll alles anders werden. The Virgin Mary eröffnet demnächst eine Filiale in Abu Dhabi. Das Stammhaus in Dublin, das in einem ehemaligen Möbelladen untergebracht ist, sieht von außen aus wie ein katholischer Buchladen, ist aber ein kastrierter Pub. Es wird nämlich kein Alkohol ausgeschenkt. Für gottesfürchtige Trinker ist das also eine doppelte No-go-Area.

Nichts geht ohne Worcestershire Sauce

Das Etablissement ist aber nicht blasphemisch nach der Gottesmutter benannt, sondern nach dem berühmtesten alkoholfreien Cocktail der Welt. Er besteht, wie seine potente Schwester Bloody Mary, aus Tomatensaft, Worcestershire Sauce, Knoblauch, Pfeffer, Salz, Zitronensaft, allerlei Gewürzen und Kräutern sowie einem Selleriestäbchen als Dekoration. Statt des Wodkas bei der blutigen Maria gibt es eine Extraportion Tomatensaft.

Die Muslime kennen die beiden Maria-Varianten nicht, so vermutet Vaughan Yates, der Eigentümer der Jungfrau. Damit sie nicht argwöhnen, der Pub sei eine Zweigstelle der katholischen Kirche, heißt das Wirtshaus in Abu Dhabi TVM. Der Tarnname könnte theoretisch auch „The Veiled Muslim“, also „Die verschleierte Muslima“, bedeuten.

Billiger sind die Getränke bei der Virgin Mary aber nicht, obwohl die exorbitanten Alkoholsteuern wegfallen. So zahlt man in Dublin für einen Cocktail, also einen Mehrfruchtsaft, 8,50 Euro, und eine Flasche entschärfter Riesling, also ein veredelter Traubensaft, kostet 20 Euro. Der Kaffee wird gekühlt in ein Glas gezapft und mit Sahnehäubchen serviert, damit er aussieht wie ein Guinness.

„Manche Menschen wollen keinen Alkohol trinken“, sagt ­Yates, „sei es aus religiösen Gründen, oder weil sie schwanger sind. Aber sie wollen trotzdem ausgehen und sich amüsieren.“ Man sollte ihm verraten, dass man in den traditionellen irischen Kneipen entgegen landläufiger Meinung keineswegs gezwungen wird, Alkohol zu trinken.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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