Mutmaßlicher Rechtsterrorist vor Gericht: Eine knappe Einlassung

Franco A. hat am Dienstag ausgesagt – schweigt aber zum Kernvorwurf. Ein Kamerad muss ebenso vor Gericht, bei ihm wurde Sprengkörper gefunden.

Der Angeklagte Franco A. vor Gericht hinter Plexiglasscheibe

Der Angeklagte Franco A. am Dienstag vor Gericht in Frankfurt a.M Foto: Kai Pfaffenbach/reuters/Pool/dpa

FRANKFURT A. M. taz | Teilweise spricht Franco A. frei, teilweise liest er vom Laptop ab. Er habe Recht gebrochen, sagt er, als er einen Asylantrag gestellt habe und als er Waffen besaß. „Und das tut mir aufrichtig leid.“ Es schmerze ihn auch, dass sich Menschen von ihm bedroht gefühlt hätten.

Der Bundeswehroffizier Fran­co A. steht derzeit jedoch vor allem wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vor dem Oberlandesgericht Frankfurt am Main. Aber zum Vorwurf des rechtsextremen Terrors will er sich auch am Dienstag, dem zweiten Verhandlungstag, nicht äußern. Stattdessen versucht er einmal mehr zu argumentieren, dass die Bundeskanzlerin 2015 „gegen die Interessen der BRD“ gehandelt habe, als Deutschland Flüchtlinge aufnahm.

Als Franco A. im Kontrast dazu flüchtlingskritische Positionen aus dem „Regierungsprogramm 2002–2006“ der CDU/CSU zitiert, unterbricht ihn der Vorsitzende Richter Christoph Koller: „Sie dürfen hier sagen, was Sie möchten, es ist Ihre Einlassung.“ Aber es würde helfen, wenn er zunächst über die Tatsachenebene sprechen würde und dann über die Motivlage.

So stellen die Rich­te­r*in­nen Nachfragen zum Doppelleben des Franco A., der als Benjamin David Asyl beantragt hat. Um sich ein eigenes Bild zu machen? Oder um sich eine Tarnung zu verschaffen für einen Anschlag, wie der Generalbundesanwalt ihm vorwirft. Wie A. von Offenbach nach Gießen geschickt und dann mit dem Bus nach Bayern gebracht wurde, wo er schließlich eine Unterkunft zugeteilt bekam, aber dort nur ab und zu vorbeischaute. Wie er immer wieder befragt wurde, aber niemand seine Legende vom französischsprachigen Christen aus Damaskus zum Einsturz brachte.

Sprengstoff wohl von der Bundeswehr gestohlen

Einer der beiden Beamten des Bundeskriminalamts, welche die Ermittlungen führten, schildert, dass einige aus Franco A.s Umfeld offenbar von dessen Doppelleben und seinen Waffen wussten, darunter ein Ruderkumpel, der die Munition für ihn aufbewahrte. Patronen mit den Losnummern wurden an Standorten benutzt, an denen Franco A. auch mal als stellvertretender Munitionswart eingeteilt war. Letztlich habe die Bundeswehr aber nicht sagen können, bei welchem Schießen die Munition weggekommen ist, sagt der BKA-Beamte.

Einer der Mitwisser ist offenbar sein Offizierskamerad Josef R., der sich in Hessen für die AfD engagiert. In einem Chat habe er Franco A. „etwas Leckeres“ angeboten, sagt der BKA-Beamte. Es sei die Rede gewesen von „die große, die kleine, die ganz kleine“. Gegenüber dem Militärischen Abschirmdienst habe Josef R. zugegeben, dass es sich dabei um Codes für Waffen handelt. Ein G3-Sturmgewehr, eine Pistole und eine Gartenflinte.

Gegen Josef R. hatte der GBA zunächst wegen Beihilfe zur Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ermittelt. Bei einer Durchsuchung fanden die Er­mitt­le­r*in­nen legale Jagdwaffen sowie einige illegale Dinge. Nach taz-Informationen wurde gegen ihn deswegen kürzlich ein Strafbefehl über 120 Tagessätze verhängt.

Laut der Staatsanwaltschaft Limburg wurden bei Josef R. ein Nebelwurfkörper und zwei Bodensprengpunktsimulatoren sichergestellt, die unter das Sprengstoffgesetz fallen. Er soll diese Gegenstände von der Bundeswehr geklaut haben. Ebenso stellten die Er­mitt­le­r*in­nen ein kinderpornografisches Bild sicher. Josef R. hat Einspruch eingelegt, der Fall kommt vor Gericht.

Da Franco A.s Einlassung weniger umfangreich war als gedacht, werde man jetzt in eine große Beweisaufnahme einsteigen, sagt Richter Koller. „Das wird eine sehr lange Hauptverhandlung werden.“

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Mit der taz Bewegung bleibst Du auf dem Laufenden über Demos, Diskussionen und Aktionen gegen rechts.

Hier erfährst du mehr

Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Illustration: taz/Infotext-Berlin (Montage)

Hannibals Schattennetzwerk

Hintergründe zum Prozess gegen Franco A.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Alle Artikel zum Thema

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.