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Veganes Wachstum

Investments in fleischlose Ernährung nehmen zu. Auch in dieser Branche gilt: Eine breite Streuung der Anlagen sichert finanzielle Risiken ab

Reich werden mit veganer Hafermilch? Das klingt wie Satire. Doch wenn sich in Kürze das schwedische Pflanzendrink-Start-up Oatly auf das Parkett der US-Technologiebörse ­Nasdaq wagt, wittern Anleger fette Gewinne. Auf bis zu 10 Milliarden Dollar wird das Unternehmen geschätzt. Es wäre nicht der erste erfolgreiche Börsengang in der Hightech-Branche für vegane Produkte: ähnlich haben es in den letzten Jahren bereits findige Fleischersatz-Firmen aus den USA wie Beyond Meat oder Tattooed Chef gemacht. Dreistellige Wachstumsraten lassen InvestorInnen das Wasser im Mund zusammenlaufen. Für genügend Absatz der blutleeren Fake-Steaks und hirnlosen Pseudowürste ist gesorgt, seitdem Supermarktkonzerne wie auch Fastfoodketten auf den Trend aufgesprungen sind. Gut notiert sind deswegen auch Werte der Zulieferindustrie, die den vegan-industriellen Komplex mit pflanzlichen Proteinen aus Soja, Erbsen oder Reis ausstattet. Und nicht zuletzt gibt es bereits Vegan-Kosmetik-Unternehmen mit Börsennotierung.

Ein durchwachsenes Bild

Doch vor allem der wachsende Hunger auf falsches Fleisch treibt die Renditeerwartungen. Momentan machen solche Lebensmittel ohne tierische Zutaten 1 Prozent des weltweiten Umsatzes mit Fleischprodukten aus, bis Mitte des Jahrzehnts könnten es Schätzungen der Bank UBS zufolge 2 bis 2,5 Prozent sein – was einem Marktvolumen von 50 Milliarden Dollar entsprechen würde.

Kunstblut geleckt? Aus purem Enthusiasmus einfach so die Aktien des Lieblings-Vegan­unternehmens zu ordern, ist aber keine gute Anlagestrategie. Denn Kursschwankungen, Pleiten und Pannen gibt es in jeder Branche. Als das Magazin ECOreporter Anfang 2021 zehn vegane Aktienwerte unter die Lupe nahm, war das Bild durchwachsen. Innerhalb eines Vierteljahres hatte der beste Wert 30 Prozent hinzugewonnen, der schwächste 40 Prozent verloren. Das zeigt, wie sinnvoll eine gute Risikostreuung ist, und zwar über verschiedene Branchen und Länder hinweg.

Am einfachsten geht das mit den sogenannten ETFs (Exchange Trades Funds), also börsengehandelten Fonds, die viele Aktienwerte bündeln und sich dabei an allgemeinen Indizes wie dem DAX oder Dow Jones, Branchen oder Regionen orientieren. Inzwischen werden nicht nur „nachhaltige“ Varianten angeboten, sondern auch „vegane“ ETFs wie der US Vegan Climate ETF oder der Rize Sustainable Future ETF. Nachteil: Diese Fonds bündeln neben fleischlosen Aktien etwa von Beyond Meat auch Werte von fiesen Techgiganten wie Google und Facebook oder fossilen Landmaschinen-Konzernen à la John Deere. In die deutsche Veganwirtschaft kann man auf diese Weise leider auch nicht investieren, denn die finanziert sich meist klassisch über Kredite sowie nicht an der Börse gehandelte Anleihen.

Ansgar Warner