Wenig Freiraum für Forschungsagentur: Bisher nur kleine Sprünge

Auf dem Forschungsgipfel gab es kritische Worte von Bundeskanzlerin Merkel an der Entwicklung der Agentur für Sprung­innovationen.

Bundeskanzlerin Merkel schaut durch ein Mikroskop.

Da geht doch mehr! Wissenschaftlerin Merkel mit Mikroskop (Archivfoto) Foto: Florian Gaertner/photothek/imago

BERLIN taz | Bundeskanzlerin Angela Merkel ist mit der Entwicklung der deutschen Agentur für Sprung­innovationen (SprinD) nicht zufrieden. Auf dem Forschungsgipfel kritisierte die Regierungschefin am Mittwoch, dass die auch auf ihr Betreiben gegründete Agentur derzeit über zu wenig Freiraum verfüge und zu sehr nach den Bedingungen des Bundesrechnungshofes arbeiten müsse. „Daher ist der Sprung noch relativ klein“, bemerkte Merkel. Die 2019 in Leipzig gestartete SprinD-Agentur soll mit 1 Milliarde Euro aus Bundesmitteln in den nächsten zehn Jahren sogenannte disruptive Innovationen fördern, aus denen völlig neue Märkte entstehen.

Auch die Gründung von zwei getrennten Innovations-Agenturen – eine für den zivilen Sektor und eine für militärische Anwendungen („Cyberagentur“) – befand die Kanzlerin als wenig zielführend. Dies sei eine „typisch deutsche“ Lösung. Das amerikanische Vorbild DARPA (Defense Advanced Research Projects Agency) ist eine Organisation des US-Verteidigungs­ministeriums und forscht in beide Richtungen. Darpa entwickelte auch die Urform des Internets mit dem Ziel, im Falle eines Atomkriegs die Militärs weiter kommunikationsfähig zu halten. An ein World Wide Web und eine Online-Ökonomie war anfangs nicht gedacht.

Auf dem Forschungsgipfel – der zum siebten Mal vom Stifterverband, der Wissenschaftsakademie Leopoldina und der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) veranstaltet wurde, diesmal virtuell – wurde zwar die starke Grundlagenforschung in Deutschland gelobt. Diese habe zur neuen Basistechnologie mRNA in der Impfstoffentwicklung geführt, die jetzt gegen das Coronavirus eingesetzt werden könne, hob der Mitgründer der Firma BioNTech, Christoph Huber, hervor. Nur bei der Übertragung des Wissens in die wirtschaftliche Anwendung, auch in Form neuer Technologiefirmen, sei Deutschland zu langsam.

Das konnte auch Sebastian Thrun, Mitbegründer der Online-Universität „Udacity“, in einer Videoschalte nach Kalifornien bestätigen. Thrun zufolge wurden die technologischen Grundlagen für das autonome Fahren ursprünglich an der Universität der Bundeswehr in München entwickelt. Zur Anwendungsreife wurden sie dann aber von den Internetgiganten in den USA gebracht, bei Google auch mit Thruns Hilfe.

Wie dieses Wissen künftig unter dem Schlagwort „Technologische Souveränität“ im Lande gehalten werden kann, war ein durchgehender Schwerpunkt der Konferenz. Fortschritte sind erkennbar: Beim ersten Forschungsgipfel 2015 hatte es der damalige VW-Chef Martin Winterkorn strikt abgelehnt, selbst in die Batterieproduktion für Elektroautos einzusteigen. Energiespeicher seien eine „Commodity“, die auf dem Weltmarkt günstig eingekauft werden könne. Was für eine Fehleinschätzung!

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