Frevel: Kritik an Trumps Lüge vom Wahlbetrug

Die republikanische Fraktion im US-Repräsentantenhaus wählt Liz Cheney aus der Führung ab

Von Bernd Pickert

Abgewählt. Liz Cheney, bisher Nummer 3 in der republikanischen Fraktionsführung ihrer Partei im US-Repräsentantenhaus, hatte nicht den Hauch einer Chance. Nicht einmal 20 Minuten dauerte es am Mittwoch, bis die Fraktion sie in einer Abstimmung per Zuruf von ihrem Leitungsposten abberief.

Cheney wusste, dass ihr Abgang ausgemachte Sache war. Ihre fortdauernde Kritik an den von Expräsident Donald Trump verbreiteten Lügen, nur durch Betrug habe er die Wahl im vergangenen November verloren, passte nicht in die republikanischen Mehrheitsverhältnisse. Dennoch hielt sie noch am Dienstagabend eine kämpferische Rede, in der sie unter anderem sagte: „Ich werde mich nicht schweigend zurücklehnen und dabei zusehen, wie andere unsere Partei auf einen Weg führen, der den Rechtsstaat aushebelt.“ Nach ihrer Abwahl sagte sie vor Journalist*innen, sie werde alles tun, „um sicherzustellen, dass der frühere Präsident nie wieder auch nur in die Nähe des Oval Office kommt“. Sie verspreche, sagte sie, „den Kampf zu führen, um unsere Partei und unsere Nation wieder in Einklang mit konservativen Prinzipien zu bringen, Sozialismus zu besiegen und unsere Republik zu verteidigen“. Die Republikanische Partei müsse wieder zeigen, „dass sie es verdient, die Partei von Lincoln zu sein“.

Was Cheney, die Tochter des früheren Vizepräsidenten Dick Cheney, dafür allerdings tatsächlich tun kann, ist unklar. Nicht einmal jene wenigen republikanischen Abgeordneten, die im Februar noch mit ihr zusammen im zweiten Impeachmentverfahren für eine Verurteilung Trumps stimmten, sprangen ihr jetzt lautstark zur Seite. Für das trumpkritische Lager innerhalb der Republikanischen Partei ist sie mit ihrem Abgang zwar zur Anführerin geworden – aber dieses Lager ist zu klein, um darauf eine zweite politische Karriere aufzubauen.

Die republikanische Opposition, so der von Fraktionschef Kevin McCarthy vorgegebene Tenor, brauche niemanden in der Fraktionsführung, der andauernd die Argumente der De­mo­kra­t*in­nen wiederhole. Manche bezeichneten Cheney gar als „liberal“ – was angesichts des strikt konservativen Abstimmungsverhalten Cheneys in ihren Jahren als Abgeordnete recht absurd ist. Dazu passt allerdings, dass auch die demokratische Chefin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, nach der Abstimmung lobende Worte für Cheney fand: Eine wahre Republikanerin sei sie, demokratischen Grundsätzen und Institutionen verpflichtet. Wenn Cheney noch etwas gefehlt hat, um für die Mehrheit ihrer eigenen Par­tei­kol­le­g*in­nen unten durch zu sein, dann das.

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