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Aus vollen Hörnern

Met ist alles andere als ein Standardgetränk und dennoch legendär. Fragt sich bloß, warum

Dass auf dem Festivalgelände in Wacken, wo die Be­su­che­r:in­nen den Klängen metallischen Rocks frönen, Met in Strömen fließt, ist zu bezweifeln. Allerdings würde es herrlich ins Klischee von hartgesottenen Rockern und Rockerbräuten passen, die sich Honigwein hinter die Binden gießen. Die Wahrheit ist wahrscheinlich nicht viel nüchterner, weil viel bierseliger. Denn das Gebräu aus Gerste und Hopfen fließt in Wacken reichlich, während die meisten Heavy-Metal-Fans das alkoholische Getränk aus Honig nicht mal kennen.

Tatsächlich ist Honigwein (Met) alles andere als ein Standardgetränk. Dabei ist das vergorene Gemisch aus Honig, Wasser und Hefe das älteste alkoholische Getränk der Menschheit. Angeblich haben es die Ägypter schon vor 5.000 Jahren zu sich genommen und vor 3.000 Jahren begannen vornehmlich die Germanen, sich damit zu betrinken. Besonders die Wikinger schätzten den vergorenen Honig, füllten ihre Hörner reichlich damit. Das blieb bis ins Hohe Mittelalter so, bis es immer mehr vom Hopfenbier verdrängt wurde.

Während Bier mit schlappen 5 Prozent Alkohol zu Buche schlägt, liegt der Alkoholgehalt von Met mit 11 bis 20 Prozent wesentlicher höher. Wie dem auch sei, es knallt auf jeden Fall doller als Bier. Dabei schmeckt der Honigwein sowohl aufgewärmt als auch kalt. Je nach Jahreszeit angepasst. Das haben schon die Wikinger gewusst, die, schenkt man den Mythen Glauben, eine nahezu geistige Beziehung zum Getränk – dank fleißiger Bienenarbeit – pflegten. Mit Kirschsaft vermengt heißt es nicht umsonst „Wikingerblut“. Ob deren nordischen Gottheiten im sagenumwobenen Asgard sich ebenso von Met inspirieren ließen, bleibt mit dem Untergang von Walhalla unbeantwortet. Stoff für Mythen eben.

Dabei sind die gesundheitlichen Eigenschaften des Honigweins legendenumwoben. Gesunder Alkohol? Eine Aussage, die mit Vorsicht zu genießen ist, obgleich selbst Naturheilkundler Sebastian Kneipp die positiven Wirkungen von Met auf Verdauung, auf Appetit und Magen hervorhob. Heiler legen heute große Hoffnungen in das antibakterielle Potenzial von Met – als Alternative zu Antibiotika.

Met ist und bleibt ein Nischenprodukt. Aber wenn in Haithabu, rund 100 Kilometer nördlich von Wacken, in der einstigen Wikingersiedlung und dem heutigen Freilichtmuseum, der längste Tag des Jahres gefeiert wird, dann fließt Met. Zwar nicht aus Hörnern wilder Rinder, aber wohl so viel, dass die Trinkenden am Ende wohl das Summen zufriedener Bienen hören.

Dierk Jensen