taz🐾thema
: weltbienentag

die verlagsseiten der taz

Wild und ungefährlich

Es braucht nicht viel, um Wildbienen Nahrung und Unterschlupf zu bieten. Ein Stückchen Garten oder auch der Balkon reichen

Die Mischung macht’s: Von Frühjahr bis Herbst sollte möglichst immer etwas blühen Foto: imageBROKER/mauritius images

Von Kristina Simons

Buckelseidenbienen, Holzbienen, Waldschenkelbienen oder auch Hummeln – sie alle gehören zu den Wildbienen. Allein in Deutschland gibt es mehr als 550 verschiedene Arten. Die Sandsteppenbiene ist gerade mal vier Millimeter groß, andere Arten messen bis zu drei Zentimeter. Im Unterschied zu Honigbienen sind die meisten Wildbienen Einzelgänger – und heißen deshalb auch Solitär- oder Einsiedlerbienen.

Ursprünglich gab es hierzulande mal 585 Wildbienenarten, doch mehr als 30 davon sind bereits ausgestorben. Und knapp die Hälfte der Wildbienenarten ist gefährdet, warnt die Initiative „Deutschland summt! Wir tun was für Bienen“ der Stiftung für Mensch und Umwelt. „Die Gründe sind vielfältig. Die industrialisierte Hochleistungslandwirtschaft mit Düngemittel- und Pestizideinsätzen, der Flächenfraß für Wohnraum und Mobilität, einwandernde Arten und klimatische Veränderungen machen es den Bienen schwer“, erläutert Stiftungskoordinator Dominik Jentzsch. „Lebensraum und Futterquellen werden immer knapper.“

Wer einen Garten hat, kann Bienen ohne großen Aufwand ein Refugium bieten. Die ganze Fläche oder eine Ecke davon kann zum Lebensraum für unterschiedliche Bienenarten werden. Selbst Balkon oder Terrasse lassen sich bienenfreundlich gestalten. Dafür nutzt man heimische Blütenpflanzen als nektar- und pollenreiche Nahrung. Die blühenden Zier- und Nahrungspflanzen brauchen wiederum Bienen, um sich zu vermehren. Eine Win-win-Situation: Wenn wir Bienen Nahrung und Unterschlupf bieten, sichern wir uns zugleich reichhaltige Ernten.

Von Frühjahr bis Herbst sollte möglichst immer etwas blühen. Wildkräuter wie Rosmarin oder Thymian, ungefüllte Blumensorten wie Akelei, Glockenblumen oder Schafgarbe sowie Wildgehölze wie Süßkirsche, Schlehe oder Wildrosen bieten sich besonders gut an. Auf der Internetseite www.deutschland-summt.de unter Tipps & Tricks gibt es Listen mit bienenfreundlichen Kräutern und Pflanzen, an denen man sich gut orientieren kann.

Wichtig ist auch, ohne Chemie und synthetische Düngemittel zu gärtnern. Wildbienen freuen sich außerdem über kleine Stapel Totholz, Erd- oder Steinhaufen, einen Teich oder eine Trockenmauer. Auch wilde Ecken sind wie für sie gemacht, auch wenn sie manche Gar­ten­freun­d*in­nen womöglich erst mal Überwindung kosten.

Wildbienen brauchen außerdem Nistplätze und Nistmaterial. „Wichtig zu wissen ist, dass der Aktionsradius von Wildbienen meist nur 70 bis 300 Meter beträgt“, sagt Jentzsch. „Deshalb müssen die Futterpflanzen und die Nistmöglichkeiten der Wildbienen in direkter Nachbarschaft liegen.“ Dreißig Prozent der Wildbienenarten seien zudem oligolektisch. Das heißt: Sie sind Nahrungsspezialisten, also auf wenige oder nur eine Pflanzenart fokussiert. Auch deshalb starben viele Wildbienenarten aus: Verschwinden ihre Trachtpflanzen aus der Kulturlandschaft, finden sie keine Nahrung, selbst wenn andere Gewächse drumherum blühen.

Win-win-Situation: Bienen bekommen Nahrung, wir gute Ernten

Als Nisthilfen eignen sich hohle Stücke vom Schilf- oder Bambusrohr mit einem Innendurchmesser von 3 bis 9 Millimetern, die man zum Beispiel im Baumarkt bekommt. Sie werden hinter den Verdickungen (Knoten) abgesägt, sodass der Knoten einen natürlichen Abschluss bildet. Ist das hintere Ende offen, sollte man es mit Watte oder Ähnlichem verschließen. Vorne macht dann das Bienenweibchen die Niströhre dicht. Die Röhrchen sollten waagerecht beispielsweise in einem Regal oder in einer Konservendose neben- und übereinander gelegt werden. Auch abgelagertes, entrindetes Hartholz von Buche, Eiche oder Esche eignet sich gut als oberirdische Nisthilfe. Darin werden fünf bis zehn Zentimeter tiefe Gänge mit einem Durchmesser von zwei bis zehn Millimeter Durchmesser gebohrt. Die Löcher kommen in Längsholz, wo zuvor die Rinde war, und nicht ins Stirnholz. So vermeidet man Risse. Anschließend schmirgelt man die Oberfläche mit Sandpapier glatt. Oberirdische Nisthilfen werden am besten an einem sonnigen, regen- und windgeschützten Standort aufgestellt. Die Öffnung sollte nach Südost bis Südwest gerichtet sein und für die Bienen frei angeflogen werden können.

Drei Viertel aller Wildbienen nisten jedoch in der Erde: in Sand, Löss oder Lehm. Manche Arten legen ihre Nester bis zu einen Meter unter der Erdoberfläche an. Ein Stück Naturboden, nicht umgegraben, gedüngt oder eng bepflanzt, ist für erdnistende Wildbienen ideal. Für Sandbienen etwa bietet sich ein Hochbeet an, das rund 40 bis 50 Zentimeter mit Sand gefüllt ist. Die Bienen können darin ihre wenige Zentimeter tiefe Brutzelle als Hohlraum bauen.

Auch im Winter brauchen Wildbienen Rückzugsorte, liegengelassenes Laub zum Beispiel. Auch verblühte Stauden sollte man besser nicht zurückschneiden, sondern den Bienen als Schutz lassen. Bei den meisten Wildbienenarten überwintern nur die Ruhelarven oder Vorpuppen in ihren Brutkammern, nicht die erwachsenen Insekten. „Viele legen ihre Eier zwischen Frühjahr und Sommer in vorhandene oder selbst gebohrte Löcher in holzige Strukturen, in Stängel oder Steinnischen. Die Nachkommen überdauern eine Kälteperiode, bevor sie im Frühjahr als erwachsene Biene schlüpfen“, erläutert Jentzsch. „Findet sie diese Schutzräume nicht, nützt ihr auch keine Blumenwiese im Sommer.“

www.wir-tun-was-fuer-bienen.de