Rechtspopulistischer Hamburger Verleger: Privatier und Wutbürger

Wolfgang E. Buss gehören das „Alster-“ und „Alstertal-Magazin“. Darin hetzt er immer wieder gegen Linke, Mi­gran­t:in­nen und „die da oben“.

Wolfgang E. Buss

Ein nettes Lächeln: Verleger Wolfgang E. Buss Foto: wikimedia commons/CC BY-SA 4.0

HAMBURG taz | Man muss in den feinen Stadtteilen weit im Norden Hamburgs oder aber um die Außenalster herum wohnen, um jeden Monat aufs Neue die Gedanken des Wolfgang E. Buss lesen zu können. Als Vorwort im Alster-Magazin beziehungsweise Alstertal-Magazin veröffentlicht er sie. Und nicht nur das: Buss gehören sie auch, diese Hochglanzmagazine, die gratis in vielen Geschäften ausliegen und sich über eine Fülle von Anzeigen finanzieren. Zunehmend häufiger macht er darin Stimmung gegen Linke, Geflüchtete und „die da oben“. Wirklich zu stören scheinen die teils hetzerischen Polemiken nur wenige.

Im vorigen August kam Wolfgang E. Buss zur Erkenntnis, dass die von Politik und Behörden „geschürte Angst vor einer Pandemie mit Tod und Leichenbergen“ für schwerere Schäden sorge, als das Virus selbst. Querdenker verteidigte er als die „vorverurteilten Bösen“.

Den „Mainstream“ wiederum, der für die Coronamaßnahmen verantwortlich sei, setzt er mal eben in eine Reihe mit der deutschen Politik, die zum 1. Weltkrieg geführt hatte, mit dem NS- und mit dem DDR-Regime – für Buss gibt es da eine klare Kontinuität.

Seine Wut und Verachtung, die er in diesen Texten ausbreitet, zielen auf viele: Geflüchtete sind für ihn „Wirtschaftsmigranten, die illegal nach Deutschland hineinliefen“. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete er jüngst als „in schwierigen brandenburgischen Stasi-Milieus aufgewachsene FDJ-Aktivistin“.

In bester Gesellschaft

Bei ARD und ZDF ist sich Buss sicher, dass sie ebenso wie verschwörungsideologische Plattformen wie Ken-FM oder Russia Today „Klientel-Journalismus“ betreiben. Und ohnehin: Diese Gesellschaft ist doch unregierbar geworden, einfach weil „zu viele gesellschaftliche Gruppen mitreden wollen“.

Ist Buss ein Ausgestoßener, der kaum ernst genommen wird? Sicher nicht. Wer das Internet nach ihm durchsucht, findet immer wieder dieselbe Sorte von Bildern: Buss bei Empfängen neben Herrschaften wie Wolfgang Kubicki (FDP), Österreichs heutigem Bundeskanzler Sebastian Kurz, Hamburgs ehemaligem Bürgermeister Ole von Beust (CDU) oder neben dem Hamburger Polizeipräsidenten Ralf Martin Meyer. Einige der Empfänge, auf denen diese Fotos entstanden, hat Buss selbst ausgerichtet in schicken Hamburger Hotels.

Hinzu: In mehr als 80.000 gedruckten Exemplaren sind Buss’ Gedanken allmonatlich im Editorial zu bestaunen. Und Politiker:innen, deren Wahlkreise im Verbreitungsgebiet der Magazine liegen, sagen, dass sie Post von Bür­ge­r:in­nen zu Themen bekommen, wenn Buss diese Themen in seinen Vorworten setzt.

Wolfgang E. Buss gibt sich als einer, der das ausspricht, was viele andere sich nicht zu sagen trauen

Tim Stoberock ist SPD-Abgeordneter in der Bürgerschaft für den Wahlkreis Alstertal-Walddörfer, wo die Magazine von Buss ausliegen. „Er hat sich immer mehr radikalisiert“, sagt Stoberock über Buss. Nach einem Text, den Stoberock für Hetze hält, schrieb er Buss einen Brief und warf ihm vor, mit seinen Äußerungen einen „Humus für Rechtsradikalismus“ zu bilden. „Im Laufe der Zeit lässt sich da eine Wutbürgerisierung erkennen“, sagt Stoberock.

Wer mit dem 69-jährigen Buss am Telefon spricht, erlebt einen freundlich-redseligen älteren Herrn. Immer wieder kommt er im Laufe des Gesprächs aufs Gendern – da scheint er die größte Gefahr von links zu vermuten. Das deckt sich gut mit dem Hamburger CDU-Chef Christoph Ploß, der derzeit auch aus allen Rohren gegen das Gendern schießt.

Ploß kam in den vergangenen Monaten dann auch gleich mehrfach vor in diesen Heften, wo sonst Lifestyle-Themen dominierten. Kritisches ist über ihn nicht zu lesen. Mal rezensiert Buss höchstpersönlich ein Buch von Ploß, mal darf der CDU-Politiker seine Gedanken über Gleichberechtigung in einem Gastbeitrag ausführen.

„Meine Worte werden von vielen, die es lesen, goutiert“, sagt Buss. Auf der Straße werde er dankbar auf seine Worte angesprochen. Dass seine Tiraden von einem rechten oder rechtspopulistischen Duktus gefüllt seien, das bestreitet er. „Die Einschätzung kann ich nicht mittragen – das ist Unfug, den ich von mir weise“, sagt Buss.

Vom Tenor wie Thilo Sarrazin

Florian Hartleb ist Politikwissenschaftler und forscht zu Rechtspopulismus und -extremismus. Er hat sich einige von Buss’ Vorworten angeschaut. „Sie sind nach einer populistischen Logik aufgebaut, die die Wut auf ‚die da oben‘ kultivieren will“, sagt Hartleb. Er sei vom Tenor ganz bei Thilo Sarrazin und seiner „Deutschland schafft sich ab“-Ansicht. Und: „Es mischt sich in den Texten auch die Sehnsucht nach dem Autoritärem“, sagt Hartleb. „Generell baut Herr Buss auf düsteren Katastrophenszenarien auf.“

Buss selbst gibt sich als einer, der das ausspricht, was viele sich nicht zu sagen trauen. „Ich bin ein freier Geist, der sich das leisten kann“, sagt Buss. Leisten kann er es sich, weil die Anzeigenkunden sich daran nicht stören: Die Haspa, die Volksbank, der Klinikbetreiber Asklepios und viele weitere Hamburger Unternehmen werben in den Magazinen.

„Als regional verankertes Unternehmen ist es uns wichtig, nah bei den Menschen im Stadtteil zu sein“, begründet die Haspa das Anzeigenschalten in den Magazinen. Mit Buss’ Ansichten stehe das aber nicht in Zusammenhang. Ähnlich antwortet auch Asklepios, betont aber, dass der Konzern „grundsätzlich und ganz offensiv für Vielfalt“ steht. Die Frage, ob sie weiterhin in Buss’ Magazinen werben, verneinen sie nicht. Weitere Werbekunden, die die taz anfragte, äußern sich nicht.

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