Kaum Kontrollen

In Niedersachsen müssen Landwirte alle 21 Jahre mit einer Hofkontrolle rechnen

Von Reimar Paul

Alle landwirtschaftlichen Tierhalter in Deutschland müssen die geltenden Tierschutzbestimmungen einhalten. Doch immer wieder gibt es Berichte über gravierende Verstöße – aufgedeckt durch Tierschützer. Dabei müssen staatliche Behörden kontrollieren, ob der Tierschutz auf den Betrieben eingehalten wird.

In Niedersachsen sind die Landkreise zuständig für die Kontrollen und die Durchsetzung des Tierschutzrechts. Die Veterinäramter legen fest, welche Betriebe kontrolliert werden. Nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums in Hannover gehen die Veterinäre risikoorientiert vor. Sie prüfen anhand der ihnen vorliegenden Daten, welche Betriebe auffällig geworden sind. Diese werden dann in erster Linie aufgesucht.

„Die Kontrollen erfolgen in der Regel unangekündigt“, sagte eine Ministeriumssprecherin. Nach ihren Angaben überwachen die kommunalen Behörden darüber hinaus Veranstaltungen mit Tieren: etwa Reitturniere, Tierbörsen oder Auktionen. Die Behörden kon­trollierten zudem Tiertransporte und Schlachthöfe.

Eine Bundestagsanfrage von Grünen und FDP ergab, dass Betriebe in Deutschland im Durchschnitt nur etwa alle 17 Jahre kontrolliert werden. Dabei gibt es regionale Unterschiede: In Bayern erhalten Tierhalter alle 48 Jahre Besuch vom Amtsveterinär, in Schleswig-Holstein alle 37,3 Jahre, in Niedersachsen alle 21 Jahre. Die Antwort der Bundesregierung ergab überdies, dass es im Berichtsjahr bei insgesamt 29.845 Tierschutzkontrollen 6.127 Beanstandungen gab. Das heißt, auf mehr als jedem fünften Hof stellten die Kontrolleure Mängel fest.

Das niedersächsische Landwirtschaftsministerium hat die Daten weiter aufgeschlüsselt: Bei 1.326 von 4.487 kontrollierten Tierhaltungen hatten die Veterinäre Probleme erkannt. Die meisten Verstöße entdeckten die Kontrolleure 2020 in der Rinder- und Kälberhaltung.

Tierschützer sehen sich durch diese Zahlen bestätigt: Es sei kein Wunder, dass immer wieder Fälle aufgedeckt würden, wenn nur so selten kontrolliert wird. Sie fordern daher, dass die Kontrolldichte deutlich erhöht wird. Nach Meinung von Tierschutzorganisationen auf mindestens einmal jährlich.

Viele Veterinärämter würden gern häufiger kontrollieren. Ihnen fehlt es aber schlichtweg an Personal. Laut Holger Vogel, Präsident des Bundesverbandes der beamteten Tierärzte, fehlen bundesweit rund 2.000 Stellen, um den zusätzlichen Anforderungen nachkommen zu können.

Auch die Landesregierung in Hannover hat Defizite bei der Kontrollquote erkannt: Es sei notwendig, in quantitativer und qualitativer Hinsicht eine Verbesserung des Kontrollsystems zu erreichen, heißt es. Auf Initiative des Bundeslandes geht laut Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) auch eine vom Bundesrat beschlossene Vorgabe zurück, die künftig Tierschutzkontrollen in Abdeckereien ermöglicht. Auch tote Tierkörper verraten viel über die Haltungsbedingungen.