Nigerianische Journalistin ausgezeichnet: Kämpferin gegen Menschenhandel

Die nigerianische Journalistin Tobore Ovuorie hat unter Todesgefahr recherchiert. Nun erhält sie den Freiheitspreis der Deutschen Welle.

Tobore Ovuorie

„Weit außerhalb der journalistischen Komfortzone“: Preisträgerin Tobore Ovuorie Foto: Elvis Okhifo/dw

COTONOU taz | Dass in Nigeria Menschenhandel ein enormes Problem ist, ist seit vielen Jahren bekannt. Ebenfalls nicht neu ist die Erkenntnis, dass zahlreiche Opfer, die nach Nord­afrika und Europa verschleppt werden, aus dem Südosten und besonders dem Bundesstaat Edo kommen. Trotzdem bleiben Reportagen darüber oft an der Oberfläche. Opfer kommen zu Wort, Behördenvertreter*innen, manchmal Po­li­ti­ke­r*in­nen oder Madames, die vorwiegend in Italien die jungen Frauen auf den Straßenstrich schicken.

Der nigerianischen Investigativjournalistin Tobore Ovuorie war das zu wenig. 2013 entschied sie sich gemeinsam mit der nigerianischen Onlinezeitung Premium Times und dem niederländischen Magazin ZAM, ein Zu­häl­te­r*in­nen­netz­werk zu infiltrieren. Über Monate lebte sie mit neun anderen Frauen, die alle nach Europa verschleppt werden sollten, in einem Camp. Sie wurden gezwungen, Schuldscheine – manche 100.000 US-Dollar hoch – für ihre „Reise nach Europa“ zu unterschreiben, lernten Taschendiebstahl-Tricks und wie Striptease aussehen soll. Im Nachbarland Benin gelang ihr schließlich die Flucht.

Nachzulesen ist das auf dem später verfassten Blog, der zahlreiche Debatten angestoßen hat. Ihre Arbeit diente auch als Vorlage für den Netflix-Film „Òlòtūré“, den der Streamingdienst seit dem vergangenen Jahr zeigt. Gegenüber nigerianischen Medien und auf dem Kurznachrichtendienst Twitter kritisiert Ovuo­rie jedoch: „Òlòtūré is a copy and paste of my lifestory!“ Das Unternehmen habe ihre Lebensgeschichte einfach kopiert.

Außerhalb der Komfortzone

Möglicherweise hat der Film ihre Arbeit allerdings nur noch bekannter gemacht. Zahlreiche nigerianische Auszeichnungen hat sie bereits erhalten. 2012 bekam sie den Wole-Soyinka-Preis für investigativen Journalismus, sechs Jahre später kam eine weitere Auszeichnung von UN-Aids und der Nationalen Behörde zur Eindämmung von Aids (Naca) hinzu.

Auch zu Gesundheitsthemen wie HIV und Aids sowie zu psychischen Erkrankungen recherchiert sie regelmäßig. Jetzt wird die Investigativjournalistin mit dem Freiheitspreis der Deutschen Welle (DW) ausgezeichnet. Sie bewege sich „weit außerhalb der journalistischen Komfortzone“ und begebe sich für ihre Re­cherchen selbst in Gefahr, sagte der DW-Intendant Peter Limbourg.

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