„Als gäbe es kein Morgen“

KLEIDUNG 2.0 Über Mode tauschen sich junge Menschen heute vor allem im Netz aus. Zu Primark gehen die Meinungen auf den Fashion-Blogs weit auseinander

„freue mich tierisch, hoffe ich werde nicht platt getrampelt“

BLOGGERIN LISA ÜBER DIE ERÖFFNUNG

„Primark hat manchmal schöne Sachen, aber über die Arbeits- und Herstellungsbedingungen darf ich nicht nachdenken.“ So lautet ein Kommentar zur angekündigten Berliner Primark-Premiere auf „This is Jane Wayne“, einem der meistgelesenen Modeblogs der Stadt. Und nicht nur in dieser Hinsicht schlägt dem Modegiganten Misstrauen entgegen: „Teilweise großartige, unfassbar billige Accessoires, die Kleider sind leider unterirdisch schlecht verarbeitet“, meint ein weiterer Beitrag. Wieder andere berichten von Hautausschlag durch Primark-Klamotten.

Natürlich gibt es in der konsumorientierten Welt der Fashionblogs auch den gegenteiligen Fall: blutjunge Freizeitschreiberinnen, die sich für die Kombination „modisch und billig“ ausgiebig begeistern können. Etwa die bloggenden Schwestern Denise und Desiree Kastull: Sie unternahmen schon vor zwei Jahren von Berlin aus eine „horrormäßig lange und anstrengende Fahrt“ zur ersten Primark-Filiale in Bremen. Die dort erstandene Kleidung stellten sie detailliert auf ihrem Blog „Teeth are Jade“ zur Schau. „Wir wollten uns zurückhalten und haben 110 Euro ausgegeben, das ist doch ’ne akzeptable Bilanz“, finden sie.

Mit der Pilgerfahrt zum Polyester-Mekka sind die Schwestern nicht allein. Die 22-jährige Lisa von „Es lebe Berlin“ fuhr wegen Primark schon nach Essen. Auch bei der Eröffnung in der Schlossstraße wollte die junge Bloggerin nicht fehlen, wie sie im Netz ankündigte: „ich freue mich tierisch und hoffe ich werde nicht platt getrampelt und kann noch das ein oder andere schöne Stück ergattern.“

Abschreckende Szenen

Dabei muss Mode gar nicht unkritisch machen: LeserInnen von „LesMads“, dem von Burda finanzierten, größten deutschen Modeblog, berichten von ihren Beobachtungen in Primark-Filialen: „Die Szenen, die sich abspielen, können abschrecken. Es wird gewühlt und gehamstert, als gäbe es kein Morgen“, findet „Claudia“.

„LesMads“-Bloggerin Katja Schweitzberger, die vor allem neue Trends auf Modewochen sucht, ist die Steglitzer Eröffnung kein großes Thema, sie hat nur eine Assistentin geschickt. Und sie distanziert sich vom Billig-Kaufrausch: „Bei jungen Bloggern geht es weder um Haltbarkeit noch Qualität“, sagt sie der taz. „Entscheidend ist, in der Schnelllebigkeit des Web 2.0 ein neues Outfit zu präsentieren, das dem Trend entspricht.“ Genau diese Lücke fülle Primark.

Laut Schweitzberger rührt der Hype auch daher, dass viele Blogger die Kette aus der Modemetropole London kennen, wo sie Kultstatus genießt. Bei ihr selbst habe sich die Faszination der Billigklamotten verflüchtigt. „Inzwischen trage ich keine Artikel der Kette mehr, meine Ansprüche sind gewachsen.“ JANINA BEMBENEK