Linda Zervakis wechselt ins Privat-TV: Prost, ProSieben!

ARD-Moderatorin Linda Zervakis arbeitet ab Herbst für die Privat-Konkurrenz. Das Erste kann auf der Fernbedienung also getrost weiter nach unten rutschen.

Moderatorin Zervakis und Moderator Zamperoni prosten im "Tagesthemen"-Studio

Linda Zervakis reichte in ihren letzten „Tagesthemen“ Ouzo Foto: ARD/dpa

Um die Nachrichtenpulte in Fernsehstudios wurde schon immer viel, mal mehr mal weniger kompetentes Gewese gemacht. Äußerlich sowieso und auch innerlich, was sind die Schätze der geheimen Schubladen? Bei den ARD-„Tagesthemen“, wo die Pulte ja nicht von ungefähr wie Theken aussehen, wissen wir es jetzt. Da ist die „Ouzo-Schiene“ angeschraubt. Jedenfalls solange Linda Zervakis die Nachrichten in der Sendung sprach.

Bei ihrer Verabschiedung mit Blumenstrauß und OP-Maske am Montag zauberte sie von dort zwei Portionen des griechischen Nationalgetränks hervor: „Dann musst du mit mir jetzt aber auch auf die Ouzo-Schiene.“ Und nahm mit Ingo Zamperoni den letzten Schluck gleich aus dem Miniaturfläschchen.

Mit Zervakis geht eine Ära bei der ARD zu Ende. 15 Jahre stand sie bei verschiedensten Nachrichtensendungen im Ersten vor der Kamera. Dass sie mit ihrem Abschied wiederum eine neue Ära einleitet, bleibt als Trost: In der ARD wird wieder gesoffen, sogar in den Nachrichten. Natürlich erst nach dem Wetterbericht.

Ab Herbst wird Zervakis dann bei ProSieben moderieren – zusammen mit Moderator Matthias Opdenhövel startet sie dort eine wöchentliche Sendung namens „Zervakis & Opdenhövel. Live“, wie der Privatsender am Mittwoch bekanntgab.

ProSieben macht Public Value

„Rock on“ wünschten die „Tagesthemen“ Linda Zervakis zum Abschied. Normalerweise trauen sich Programmverantwortliche ein solch entspanntes Verhältnis zu Alltagsdrogen ja nicht selber. Sondern bestellen lieber außergewöhnliche Projekte beim schriftstellernden Anwalt Ferndinand von Schirach („Kaffee und Zigaretten“). Der schreibt dann immer ganz viele Rau­che­r*in­nen in die Handlung.

ProSieben macht in den letzten Wochen ja mächtig in Public Value, um aus der Privatsender-Schmuddelecke rauszukommen. Joko und Klaas platzieren gesellschaftspolitisch wichtige Themen wie Gewalt gegen Frauen, Flüchtlingskrise, Pflegenotstand, dass es den Öffentlich-Rechtlichen ganz schummerig wird. Annalena Baerbock gibt ihr erstes großes TV-Interview auf ProSieben. Und jetzt noch Linda Zervakis.

Das kann kein Betriebsunfall mehr sein. Sondern ist die höchst dialektische Antwort auf das Papier der CDU-Mittelstandsvereinigung zur Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Nicht das ZDF wird privatisiert. Nein, ProSieben wird öffentlich-rechtlich. Und schafft es dann vielleicht sogar wieder auf Platz 3 der Fernbedienung. Früher, als der Kanal noch anders, hip und angesagt war, hatte die Mitbewohnerin den Kanal nämlich mal gleich nach ARD und ZDF eingespeichert. Aktuell rangiert er nur auf Position 38.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.