Franco A. im Prozess: Er inszeniert sich als Opfer

In Frankfurt am Main hat der Prozess gegen den mutmaßlichen Rechtsterroristen Franco A. begonnen. Die Verteidigung setzt auf Verschwörungserzählungen.

Franco A. steht an einer Garderobe

Will sich als Opfer einer Verschwörung verstanden wissen: Franco A. vor dem Prozess Foto: Boris Roessler/Pool via reuters

FRANKFURT A. M. taz | Der Angeklagte Franco A. will reden. Als er am Donnerstagmorgen eine Runde um das Gerichtsgebäude dreht, folgt ihm ein Tross von Kamerateams und Journalist*innen. Er trägt ein grobkariertes graues Hemd, darüber eine braune Weste, dazu elegante hellbraune Lederschuhe. „Was sagen Sie zu den Rechtsterrorismusvorwürfen?“, fragt ein Journalist. Franco A. lacht kurz. Das werde man vor Gericht sehen, sagt er. Er sei jedenfalls kein Rechtsextremist. „Was das Politische angeht, ordne ich mich keiner Richtung zu.“

Franco A., 32, ist der Bundeswehroffizier, der sich als syrischer Flüchtling ausgab, Munition hortete und eine Pistole auf dem Wiener Flughafen versteckte.

Ein offensive Strategie von A. hatte sich schon angekündigt. Vor dem Prozess hat er dem russischen Propagandasender RT Deutsch ein Interview gegeben. Für gewöhnlich empfiehlt die Verteidigung Angeklagten, dass sie sich nicht oder nur zurückhaltend äußern. Zumal die Beweislage in diesem Fall kompliziert ist.

Der Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt hatte die Terroranklage ursprünglich nicht angenommen. Der Bundesgerichtshof entschied: Franco A. muss sich wegen der Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vor Gericht verantworten. Dort inszeniert er sich nun als Opfer.

Die Verteidigung setzt auf Verschwörungserzählungen

Die Verdachtsmomente gegen ihn seien ausgeräumt worden, behauptet Franco A., man wolle sie aber aufrecht erhalten: „Es gibt da einen gewissen politischen Druck“, behauptet er. „Sie haben also nichts vorbereitet?“, fragt ein Journalist nach möglichen Anschlagsplänen. „Selbstverständlich habe ich nichts vorbereitet.“

Im Saal 165 – helle Holzvertäfelung, diffuses Licht durch Milchglasscheiben – verliest die Vertreterin des Generalbundesanwalts die Anklage. A. habe aus einer „seit Jahren gefestigten völkisch-nationalistischen und rassistischen Gesinnung“ und mit einer „besonderen Abneigung gegen Menschen jüdischen Glaubens“ eine „Vermischung der Rassen“ und schlussendliche Auslöschung der Deutschen befürchtet.

Weil er dafür hochrangige Personen des öffentlichen Lebens verantwortlich machte, habe er spätestens ab November 2015 geplant, Anschläge auf Justizminister Heiko Maas, Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth oder die Vorsitzende der Amadeu-Antonio-Stiftung Anetta Kahane zu begehen. Er habe sich Waffen und Munition dafür verschafft und geplant, seine fiktive Flüchtlingsidentität als die des Attentäters zu nutzen, um Hass auf Flüchtlinge zu schüren.

Die Verteidigung spricht danach viel länger, fast eine Stunde. Verteidiger Moritz Schmitt-Fricke macht eine Verschwörungserzählung auf: Die Bundesregierung habe auf „quasi autokratische Weise“ zu viele Flüchtlinge ins Land gelassen und verfolge nun die Person, die auf diesen Missstand habe hinweisen wollen. Medien wirft er vor, sich mit „Rufmord an unserem Mandanten die Taschen vollzumachen“.

Zeugen, die selbst rechts sind, sollen A. entlasten

Die Verteidigung versucht auch, Franco A. mit Äußerungen von Familienmitgliedern, Freun­d*in­nen und früheren Leh­re­r*in­nen reinzuwaschen, die ihn als einen sozialen, intelligenten und ehrgeizigen Menschen beschreiben. A.s anderer Anwalt, Johannes Hock, gibt eine Kaskade kurzer Zitate aus Zeugenbefragungen wieder.

Franco A. habe „nie den Ansatz von Fremdenfeindlichkeit gezeigt“, sagt einer, der mit ihm zur Schule ging, „er hat damals mit unseren muslimischen Mitschülern gefastet“. Offiziere können sich nicht an rechtsextremistische Äußerungen erinnern, ein Oberleutnant glaubt, A. wollte zeigen, „wo die Schwächen des Systems liegen“.

Die Anwälte verschweigen, dass einige der zitierten Zeugen selbst eine sehr rechte Einstellung haben und es nicht um Charakternoten, sondern um konkrete Waffen und Namenslisten geht. Der Bundesgerichtshof hatte zudem festgehalten, dass es nicht darauf ankomme, ob A. seine mutmaßlichen Terrorpläne in der Identität als syrischer Flüchtling in die Tat umsetzen wollte oder auf andere Weise.

Nach nicht einmal zwei Stunden ist der Verhandlungstag vorbei. Franco A. steht vor dem Gerichtsgebäude. „Ich glaube“, sagte er, „Sie haben heute auch genug Dinge gehört, über die Sie noch nicht berichtet haben.“

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Rechtsextreme Terroranschläge haben Tradition in Deutschland.

■ Beim Oktoberfest-Attentat im Jahr 1980 starben 13 Menschen in München.

■ Der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) um Beate Zschäpe verübte bis 2011 zehn Morde und drei Anschläge.

■ Als Rechtsterroristen verurteilt wurde zuletzt die sächsische „Gruppe Freital“, ebenso die „Oldschool Society“ und die Gruppe „Revolution Chemnitz“.

■ Gegen den Bundeswehrsoldaten Franco A. wird wegen Rechtsterrorverdachts ermittelt.

■ Ein Attentäter erschoss in München im Jahr 2016 auch aus rassistischen Gründen neun Menschen.

■ Der CDU-Politiker Walter Lübcke wurde 2019 getötet. Der Rechtsextremist Stephan Ernst gilt als dringend tatverdächtig.

■ In die Synagoge in Halle versuchte Stephan B. am 9. Oktober 2019 zu stürmen und ermordete zwei Menschen.

■ In Hanau erschoss ein Mann am 19. Februar 2020 in Shisha-Bars neun Menschen und dann seine Mutter und sich selbst. Er hinterließ rassistische Pamphlete.

Illustration: taz/Infotext-Berlin (Montage)

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Hintergründe zum Prozess gegen Franco A.

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