Die Wahrheit: Abschließend zu Schauspielidioten

Die Aktion „#allesdichtmachen“ muss noch ein allerletztes Mal mit ein paar ausgewogenen und versöhnlichen Anmerkungen gewürdigt werden.

Noch ein paar ausgewogene und versöhnliche Anmerkungen meinerseits zu der idiotischen Debatte über die Idiotenvideos dieser Idiotenschauspieler.

Erstens: Das Gejammer über Cancel Culture und Mundtotmachen ist so absurd, dass man fast gehofft hätte, die Schauspieler und ihre Verteidiger wären doch gar keine Idioten, sondern einfach nur von Samuel Beckett besessen. Aber so ist es natürlich nicht, die meinen das ernst. Sie glauben tatsächlich, ihre Meinung würde unterdrückt, obwohl sie sie auf allen Kanälen in Endlosschleife wiederholen können, bis sich auch der unbeteiligtste Statist wie eine Leiche auf Professor Boernes Sezier­tisch fühlt.

Dass ein einsamer, verwirrter Rundfunkaufsichtsrat wegen dieser zwar idiotischen, aber ganz selbstverständlich legitimen Satireaktion in einem schnell zurückgezogenen Tweet forderte, die Schauspieler nicht mehr zu beschäftigen, soll nun also der ultimative Beweis für eine Cancel Culture sein? Dagegen wäre ja selbst die Krabbelgruppe der Kita „Kleine Spatzen Prenzlauer Berg“ ein wahrhaftiger Gulag.

Zweitens: Satire ist ein scharfes Schwert in der öffentlichen Debatte, und wer dazu greift, will andere Reaktionen provozieren als durch eine nüchterne Darlegung der eigenen Anliegen. Deswegen machen wir den ganzen Scheiß doch. Wer satirisch arbeitet, soll sich also nicht beschweren, wenn es Gegenwind gibt. Das ist der Sinn der Sache. Ein Feuer zu entfachen, um sich zu beklagen, es werde zu heiß, ist schlicht albern.

Drittens: Ganz gemein sei es, klagen irgendwelche Trottel nun, den armen Schauspielern vorzuwerfen, ihre Aktion finde den Beifall von AfD oder Querdenkern. Das sei ja wie in der DDR, wo man auch nichts hätte sagen dürfen, was dem imaginierten Klassenfeind nutze. Dabei lautet der Vorwurf an die Schauspieler ja gar nicht, dass auch Herr Maaßen ihre Aussagen gut findet. Sondern der Vorwurf sowohl an die Schauspieler als auch an Herrn Maaßen lautet, dass ihre Aussagen falsch sind.

Ganz abgesehen davon ist es eine künstlerische Frage, ob man eine satirische Aktion so gestaltet, dass sie vollständig anschluss- und vereinnahmungsfähig ist für Leute, mit denen man angeblich nichts zu tun haben will. Dann hat man nämlich schlicht künstlerisch versagt, weil man keine besseren Mittel gefunden hat. Oder ist Kunstkritik jetzt auch schon Cancel Culture?

Doch viertens und letztens: Es gibt so viel, was man den Schauspielern vorwerfen kann – aber ganz gewiss nicht, dass sie sich überhaupt geäußert haben. „Was haben Schauspieler denn zum Gang der Welt groß zu sagen, warum sollte man sie überhaupt anhören?“, klagen nun Kritiker, die selbst Ägyptologen, Elektriker oder gar Journalisten sind. Aber sogar die hört man ja an. Man nennt es Demokratie und Meinungsfreiheit. Eine feine Sache, selbst wenn das gelegentlich dazu führt, dass Idiotenvideos von Idiotenschauspielern idiotische Debatten auslösen.

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Heiko Werning ist Reptilienforscher aus Berufung, Froschbeschützer aus Notwendigkeit, Schriftsteller aus Gründen und Liedermacher aus Leidenschaft. Er studierte Technischen Umweltschutz und Geographie an der TU Berlin. Er tritt sonntags bei der Berliner „Reformbühne Heim & Welt“ und donnerstags bei den Weddinger „Brauseboys“ auf und schreibt regelmäßig für Taz und Titanic. Letzte Buchveröffentlichung: „Vom Wedding verweht“ (Edition Tiamat).

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

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