Diskussion um Hamburger Denkmal: Ruine soll Volkseigentum werden

Trotz diverser Ultimaten hat sich die Eigentümerin um eine Stabilisierung der Schilleroper gedrückt. Zur Not müsse enteignet werden, sagt die Linke.

Eine rote Fahne weht auf einem Rundbau, davor halb abgerissene Gebäude, ein Bagger und ein Straßenschild

Was nicht denkmalgeschütz ist, wird schon abgerissen: Schilleroper im April Foto: Uli Deck/Badisches Landesmuseum/Daniel Reinhardt/dpa, Montage taz

HAMBURG taz | Das Drama um die Schilleroper auf St. Pauli nähert sich einem neuen Höhepunkt. Weil die Eigentümerin deutlich gemacht hat, dass sie den einmaligen historischen Zirkusbau am liebsten abreißen würde und sich den Sanierungsaufforderungen der Stadt beharrlich widersetzt hat, schlägt die Linke jetzt ein letztes­ Mittel vor: Der Senat soll die Eigentümerin enteignen. Einen dahin gehenden Antrag bringt die Fraktion am heutigen Mittwoch in die Bürgerschaft ein.

Die Schilleroper ist einer von ganz wenigen noch erhaltenen festen Zirkusbauten aus dem 19. Jahrhundert in Europa. Der Rundbau aus Stahlträgern steht seit 2012 unter Denkmalschutz. 2013 entschied das Hamburgische Oberverwaltungsgericht, dass er nicht abgerissen werden darf. Doch statt das Gebäude zu sanieren, deckte es die Schilleroper Objekt GmbH notdürftig mit Planen ab und schmiedete Pläne für Neubauten an diesem attraktiven Standort gleich beim Neuen Pferdemarkt.

Mehrfach versuchten der Senat und der Bezirk Mitte, die Eigentümerin dazu zu bringen, das Gebäude wenigstens gegen einen weiteren Verfall zu sichern. Das Gezerre endete im Juni mit einem Vergleich. Demnach ist „die Sicherung der Konstruktion der Schilleroper­ durch die Eigentümerin bis zum 31. Dezember 2020 auszuführen“. Auch darin war wieder eine „letzte“ Frist bis Ende März ­enthalten.

Inzwischen ist die Eigentümerin aktiv geworden. Sie hat begonnen, die nicht denkmalgeschützten Randgebäude der Schilleroper abzureißen, deren Wände sich schon bedenklich neigten. Die „Schiller-Oper-­Initiative“, die sich für das Gebäude einsetzt, witterte einen „Abriss durch die Hintertür“.

Ähnliche Befürchtungen hegt die Linke in der Bürgerschaft. Nach den neuen Baumaßnahmen in den vergangenen Wochen bestehe nun Einsturzgefahr. „Wenn die Eigentümerin ihrer Pflicht zum Erhalt des Denkmals nicht nachkommt, muss die Stadt das öffentliche Interesse nun endlich durchsetzen – notfalls auch mit einer Enteignung“, sagt der Abgeordnete Norbert Hackbusch. Statt sich weiterhin auf der Nase herumtanzen zu lassen, müsse die Stadt durchgreifen.

Eigentum verpflichtet

Viele geschichtsträchtige Orte seien für neue, oft sehr gleichförmige Gebäude geopfert­ worden, bedauert die Linke. „Die Schilleroper ist markant und ein Stück Hamburger Geschichte.“ Laut dem Hamburgischen Denkmalschutzgesetz ist die Enteignung „zur Erhaltung eines gefährdeten Denkmals“ zulässig. Diese Vorschrift beruht wiederum auf dem verfassungsrechtlichen Gebot „Eigentum verpflichtet“ des Grundgesetzes.

Als Vorbild nennt die Linke das Schloss Reinhardsbrunn in Thüringen, dessen Eigentümer vor kurzem von einer links geführten Landesregierung enteignet wurde. Die Hamburger Linke bittet den Senat, bis Ende Juni zu prüfen, ob die Schiller­oper enteignet werden kann.

Ob es dazu kommt, ist auch deshalb offen, weil sich die Eigentümerin aus Sicht des Senats zuletzt etwas kooperativer gezeigt hat. „Die Eigentümerschaft zeigt derzeit Bereitschaft und Willen, gemäß denkmalrecht­licher und baurechtlicher Genehmigung, selbst zur Stützung der denkmalgeschützten Stahlkonstruktion tätig zu werden“, teilte die Kulturbehörde mit.

Dabei offenbart die Behörde ein gewisses Misstrauen: Die Abbrucharbeiten der nicht denkmalgeschützten Anbauten müssen von einem durch das Denkmalschutzamt bestimmten Sachverständigen begleitet werden. Außerdem baut die Behörde vor für den Fall, dass die Investorin wieder mauert. „Parallel bereitet die Stadt Hamburg grundsätzlich weiterhin die Ersatzvornahme vor“, heißt es von der Behörde.

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