heute in bremen
: „Wir feiern im engsten Familienkreis“

Foto: privat

Vahit Bilmez 45, ist Sprecher der Islamischen Förderation Bremen und stellvertretender Vorsitzender der Schura.

Interview Eiken Bruhn

taz: Herr Bilmez, wie feiern Sie heute Abend das Fastenbrechen?

Vahit Bilmez: Wegen Corona leider nur im engsten Familienkreis, wie jeden Abend seit zwei Wochen. Eigentlich gehören gegenseitige Besuche innerhalb der Familie und bei Freunden dazu, aber das geht gerade nicht.

Würden Sie es gerne anders machen?

Ja, klar, das ist schon traurig, Ramadan ist eigentlich eine Zeit, in der man zusammenkommt. Aber wir machen jede Woche in der Moschee darauf aufmerksam, dass sich alle an die Regeln halten müssen. Wir haben Hygienekonzepte ausgelegt und zusätzlich spricht der Imam das im Freitagsgebet an.

Halten sich alle daran?

In der Moschee nach meiner Beobachtung ja. Alle müssen ihre eigenen Gebetsteppiche mitbringen, die liegen in großem Abstand zueinander und wir fordern dazu auf, zu Hause zu bleiben, wenn jemand sich krank fühlt. Wir sagen auch, dass es gut wäre, jede Woche mindestens einen Test zu machen. Und Kinder unter zwölf sollen gerade nicht in die Gemeinde kommen.

Fordern Sie auch zum Impfen auf?

Wir können das niemand vorschreiben, aber wir empfehlen das. Wir werden täglich angerufen von Leuten, die uns fragen, „soll ich mich mit Astra Zeneca impfen lassen“ oder „ich will mich nicht impfen lassen, was mach ich jetzt“. Wir sagen dann, dass die Impfungen sinnvoll sind und alle was davon haben. Es gibt auch immer mehr, die sich haben impfen lassen und sich jetzt auch wieder in die Moschee trauen, die sind richtig glücklich.

Islamischer Fastenmonat Ramadan geht noch bis zum 12. Mai. Dazu gehört unter anderem der Verzicht auf Essen und Trinken bis zum Einbruch der Dunkelheit

Die Moscheen liegen häufig in Stadtteilen, die besonders stark betroffen sind, gleichzeitig soll die Impfskepsis dort besonders hoch sein. Haben Sie eine Erklärung?

Nein, nicht so richtig. Ich glaube, viele sind verunsichert, weil in den Medien so viel über die Nebenwirkungen von Astrazeneca berichtet wurde und vielleicht gibt es in diesen Stadtteilen viele Menschen, die nicht gut einschätzen können, was sie jetzt glauben sollen.

Ich hatte Anfang des Jahres eine Hausärztin in Gröpelingen interviewt, die von Leuten erzählte, die ihre Eltern zum Arztbesuch begleiteten, obwohl sie positiv getestet waren. Sie hatte den Eindruck, dass das etwas Kulturelles ist, der Respekt den Älteren gegenüber wichtiger ist als der Schutz vor Corona.

Ich glaube, das hat nichts mit Kultur zu tun, sondern mehr damit, dass es in Deutschland für viele Einwandererfamilien üblich ist, die Eltern zum Arzt zu bringen, um für sie zu übersetzen und dafür zu sorgen, dass es ihnen in der Fremde gut geht. In der Türkei kenne ich niemand, der das macht und auch von meinen arabischen Freunden habe ich das noch nie gehört. Aber klar, Leichtsinnige gibt es auch in Migranten-Communities. Ich habe mal Menschen ins Gewissen geredet, weil die als Infizierte zu einer Trauerfeier kommen wollten, und denen gesagt, dass wir die Polizei rufen müssen, wenn sie nicht in Quarantäne bleiben. Und manche haben das anfangs nicht ernst genommen, aber dann sind gerade in diesen Stadtteilen so viele Menschen krank geworden und gestorben, ich glaube, da haben einige umgedacht.