Wohin zoomen?
: „Acht Stationen Horror“

„German.Horror.Story []!= Antifa_KI“:

Performance, Kampnagel, Livestream, Sa, 10. 4., 18, 19 und 20 Uhr

Interview Philipp Nöhr

taz: Worauf muss sich das Publikum bei „German.Horror.Story“ gefasst machen?

Horror-Story-Team: Die Zu­schaue­r:in­nen gehen mit Hilfe eines Avatars durch die „German.Horror.Story“ – eine theatrale Installation, von der die Zu­schaue­r:in­nen einen Ausschnitt als Videokonferenz erleben. In der Installation thematisieren wir die Kontinuität des Faschismus in Deutschland: im Internet, etwa durch Hasskommentare, aber auch auf der Straße oder im Parlament. Wir wollen verschiedene Ansätze darstellen, wie man darauf reagieren kann. Diese sind inspiriert von der antifaschistischen Praxis, die nicht nur die Konfrontation mit Nazis sucht, sondern breiter angelegt ist – mal recherchierend, mal trauernd, mal künstlerisch und musikalisch.

Wie gelingt Ihnen das auf der Bühne?

Zu Beginn gibt es für alle Zu­schaue­r:in­nen erst einmal einen Fragebogen. Auf dessen Grundlage versucht dann ein Algorithmus, die perfekte Route durch unsere Installation zu genieren. Je nachdem, wie die Antworten ausfallen, gibt es immer eine andere Route durch acht interaktive Stationen der Horror-Story. Es gibt zum Beispiel bei einer Station eine Karte, die auf Daten der Rechercheplattform tatortrechts.de basiert. Wir versuchen da, die Horror-Story des Rechtsradikalismus in Deutschland zu verbalisieren.

Sie wollen eine antifaschistische KI entwickeln. Wie das?

Künstliche Intelligenz neigt dazu, Menschen aufgrund äußerlicher Daten zu kategorisieren und zu überwachen. Das sind prinzipiell faschistische Praktiken. KI-Algorithmen sind häufig biased: Der Datensatz, auf dem sie trainiert wurden, ist voreingenommen und reproduziert Rassismus.

Ist dann eine antifaschistische KI möglich?

Das ist die große Frage. Wichtig ist zum einen, auf welche Datensätze eine KI trainiert ist. Was wäre zum Beispiel, wenn KI auch auf historische Archive zu Rechtsextremismus und Faschismus zugreifen würde? Vielleicht würde es ihr eine andere Richtung geben, wenn wir versuchen, so transparent wie möglich zu sein. Diese Transparenz schafft zumindest ein Bewusstsein für die Funktionsweise der KI.

Martin Grünheit, Wanja van Suntum undHieu Hoanggehören zum Performing-Arts-Netzwerk „cobratheater.cobra“. Sie produzieren auf Kampnagel die „German.Horror.Story“.

Was hat Ihnen die wachsende Bedeutung von KI vor Augen geführt?

Zum Beispiel die Diskussion um intelligente Videoüberwachung. Als ich verstanden habe, dass da alle Menschen mit Videokameras aufgenommen und zu Daten verarbeitet werden – da dachte ich wirklich: Das ist der „German Horror“.

Aber stecken in KI nicht auch große Chancen?

Eine Technik wie KI grundsätzlich abzulehnen, ist nicht in unserem Sinne. Wir denken, dass KI auch für eine bessere Zukunft genutzt werden sollte. Aber KI darf eben nicht diskriminieren und unterdrücken, sondern muss emanzipativ werden. Nur weil Konzerne wie Google und Facebook eine echte Bedrohung darstellen, dürfen wir ja nicht die Technik selbst verdammen.