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Zusammen fürs Regionale

Erzeugerkooperationen, ob nun Genossenschaften oder andere Unternehmensformen, stärken die ökologische und regionale Landwirtschaft. Gerade in Zeiten der Pandemie wächst bei Anlegern das Interesse an der Förderung von landwirtschaftlicher Erzeugung

Von Dierk Jensen

„Es geht am Ende immer auch darum, Regalmeter im Supermarkt für die Produkte der lokalen Landwirtschaft freizumachen“, sagt Anja Roth, Bereichsleiterin Interessenvertretung vom Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband (BWGV). Im „Land der Genossenschaften“ zählt der BWGV fast 300 landwirtschaftliche Genossenschaften, deren Mitglieder im Ländle mehrheitlich auf kleinen Flächen und nicht selten im Nebenerwerb ihre landwirtschaftlichen Betriebe führen. Klein, aber oho: Denn statt neuseeländischer Äpfel können die schwäbischen und badischen Bauern auch schmackhafte Äpfel, Birnen und Pflaumen von Streuobstwiesen den Konsumenten bieten. Der Apfel und das Obst sind aber nur ein Beispiel von ganz vielen. Ähnlich verhält es sich mit Fleisch, mit Milch, Gemüse oder auch Wein. „Trotz schon bestehender Aktivitäten auf vielen Ebenen ist noch wesentlich mehr, auch hinsichtlich der ökologischen Produktion, möglich“, unterstreicht Roth. Da müssten aber Handel und Verbraucher mitziehen: „Wieso nicht auch so einen wie Aldi stärker als bisher in einen solchen Umbauprozess mit einbinden?“

Dass nicht nur Erzeugergenossenschaften die heimische Landwirtschaft, bestenfalls ökologisch und regional, fördern wollen, zeigen auch die Regionalwert Aktiengesellschaften. Die erste wurde 2006 gegründet; mittlerweile gibt es sie in sechs Regionen, eine davon agiert seit 2014 in der Region um Hamburg. „Wir betrachten uns nicht als Konkurrenz zu den Genossenschaften“, wirft Vorstandsmitglied Ulf Schönheim ein. Dabei treibt die Regionalwert AG privates Geld ein und investiert dies dann bei ausgewählten Betrieben in der regionalen Land- und Lebensmittelwirtschaft in Form der Eigenkapitalbeteiligung. Mehr als 3.000 Namensaktionäre zählen die Regionalwert AGs bereits, insgesamt flossen schon rund 10 Millionen Euro in landwirtschaftliche, aber auch gastronomische Projekte. Die Basisverzinsung für die Betriebe liege bei 6 Prozent, wie Schönheim angibt. Für ihn sind dies Investitionen gegen den Strom, gegen eine Turboglobalisierung und für die lokale Ernährungssicherheit, die jedenfalls nicht im Suezkanal steckenzubleiben droht. Gerade in Zeiten der Pandemie spüre er von Anlegerseite her ein größer werdendes Interesse an der Förderung landwirtschaftlicher Erzeugung und der Wertschöpfungskette vom Acker zum Teller.

Dass selbst große Einzelhandelsgeschäfte mit ökologischer Regionalität bei ihren Kunden punkten können, wird beispielhaft bei den drei Märkten der Citti-Gruppe in Flensburg, Kiel und Lübeck deutlich. „In einem seit Langem versteiften Wettbewerb, in dem es im Wesentlichen nur noch um Preisunterbietung geht, wollen wir die Regionalität“, sagt Erik Stelzer, Vertriebschef der drei Citti-Märkte. Damit könne man „durchaus Geld verdienen“. Es gehe nicht nur einzig und allein um Menge und Umsatz, sondern eben auch um das Besondere, wenn nicht sogar „knappe Produkt“, das in Extra-Verkaufsaktionen dem Kunden offeriert wird – beispielsweise das Wagyu-Rind oder das Demeter-Schwein. Und nicht nur jeder Volkswirt weiß: Wenn etwas knapp ist, dann steigt der Preis. Mit anderen Worten: die Wertschätzung steigt.

Dabei ist das Angebot der drei Citti-Geschäfte hinsichtlich ökologischer Produkte aus der Region alles andere als knapp, eher üppig. „Wir arbeiten mit über 120 schleswig-holsteinischen Erzeugern zusammen, die uns rund 2.100 Artikel liefern“, verrät Stelzer. Darunter auch so bekannte Marken wie von der Hamfelder Hofmilch in Mühlenrade, die als erste Ökomolkerei im nördlichsten Bundesland vor einigen Jahren an den Start ging und an der rund 40 Milchbauern als Kommanditisten direkt beteiligt sind. „Überdies führen wir rund 6.550 Artikel aus dem ökologischen Landbau“, sagt Stelzer. Damit liegt der Anteil der ökologischen Produkte am Gesamtsortiment bei exakt 13,1 Prozent. Tendenz steigend. Nicht zuletzt, weil den Konsumenten in trüben Coronazeiten mehr und mehr bewusster wird, was wahrer Reichtum ist: Tomaten, Milch, Erdbeeren aus der Region.