wortwechsel
: Zwischen Notbremse und Kanz­le­r:in­nen­fra­ge

Kanz­ler­kan­di­da­t:in­nen der Parteien im Bundestag bereiten sich auf Merkel-Nachfolge vor. Le­se­r:in­nen kritisieren Corona-Notbremse, Ausgangssperre schränkt Grundrechte ein

Wildes Tier als Zirkusattraktion Foto: imago

Irritation

„Wohin mit der Trauer?“,

taz vom 17. 4. 21

Das ganze Geschehen und die Darstellungen in der taz war für mich äußerst irritierend, und ich möchte mich – ohne alles zu wiederholen – den beiden Leserbriefen auf der Briefeseite vom 21. April 2021 anschließen „Ich bin gespalten“ und „Gedenktag wie im Krieg“.

Sie drücken aus, was auch meine sofortige Reaktion war, und ich habe genau dies gerade erst gestern Freunden gegenüber artikuliert. Da fehlt mir seitens der taz jeglich gewichtete Einordnung der Geschehnisse, und zwar seit Langem, was Corona angeht.

Monika Dern, Grünberg

Mythische Orte

„Partei der neuen Mitte“,

taz vom 19. 4. 21

Der mythische Ort der Deutschen ist scheinbar nicht der Wald, sondern die Mitte. Die CDU wohnt da bekanntlich schon immer, die SPD ist dort verhungert. Und nun möchte Peter Unfried auch noch die Grünen dorthin schicken.

Wer wie Winfried Kretschmann meint, man müsse den Transformationsprozess der Industrie nur wohlwollend moderieren, ist angesichts der drohenden Klimakatastrophe kein Realpolitiker. Er verdrängt die Spielregeln der börsennotierten Unternehmen: Jeder Vorstandsvorsitzende, der Profit wegen sozialer Gerechtigkeit oder Umweltschutz hintanstellt, fliegt schneller raus, als er Mitte“ sagen kann. Dafür ist der SUV ein schönes Beispiel: Anstatt umweltverträgliche Verbrenner zu bauen, war es für die Autoindustrie profitabler, große und schwere Autos zu verkaufen. Die angeblich umweltfreundlichen Elektro-Pkws werden großteils Energiefresser mit hohem Gewicht werden. Ein solcher Konflikt lässt sich nicht in der mythischen Mitte verstecken.

Thomas Damrau, Böblingen

Verpflichtende Tests

„Streit über Notbremse“,

taz vom 17. 4. 21

Dass jetzt auch der Fokus auf die Betriebe gelenkt wird, ist sicher richtig. Aber solange es weder Anreiz noch die Pflicht gibt, sich testen zu lassen, werden wir auch mit für die Ar­beit­ge­be­r*in­nen verpflichtenden Tests die Übertragungswege in den Betrieben nicht unterbrechen können. Denn auch dort sind Coronaleugner*innen, Ver­harm­lo­se­r*in­nen und Quer­den­ke­r*in­nen und ganz einfach sehr gedankenlose Menschen unterwegs. Dass die Inzidenzwerte gerade in Baden-Württemberg nach der Großdemo in Stuttgart wieder stark ansteigen, ist kein Zufall. Es reicht nicht, wenn nur die Ar­beit­ge­be­r*in­nen dazu verpflichtet werden, Coronatests anzubieten. Es muss auch eine Pflicht der Mit­ar­bei­te­r*in­nen geben, sich testen zu lassen. Es darf nicht sein, dass in ganzen Landkreisen nächtliche Ausgangssperren verhängt werden müssen, weil man nicht den Mut hat, Mit­ar­bei­te­r*in­nen zu einem Test am Arbeitsplatz zu verpflichten, wo dies aus Sicherheitsgründen notwendig ist.

Sabine Just-Höpfinger, Karlsruhe

Stadt und Land

„Der fassungslose Wolf“,

taz vom 19. 4. 21

Der obige Beitrag macht mich fassungslos. Ich persönlich wohne im Wolfsgebiet und kenne die Situation sehr gut.

Wölfe, die durch Dörfer laufen, Jogger oder Hundehalter verfolgen, sind kein besonders schönes Erlebnis. Auch wenn man vielleicht von einem neugierigem Jungwolf ausgeht, das Tier ist und bleibt ein Raubtier. Das Mädel mit dem Hund hatte in erster Linie Angst um ihren Vierbeiner. Die Situation hat sicher um ein Vielfaches länger gedauert als die Videoaufnahme, für die Halterin eine Ewigkeit, mit einem Raubtier in direkter Nähe. Wäre der Hund nicht angeleint gewesen, dann wäre der Hund eventuell nicht mehr am Leben. Der Autor mag Ahnung von Fröschen haben, aber das Leben mit Wolfsrudeln in der Nähe und den Problemen von Übergriffen und Nahbegegnungen ist etwas ganz anderes.

Zwischen Stadt- und Landbevölkerung gibt es einen tiefen Riss in der Wahrnehmung beim Thema Wolf.

Anne Friesenborg, Winsen

Rechzeitiger Weckruf

„Nur noch Leere“,

taz vom 21. 4. 21

Nach der K-Frage ist die Welt wieder in Ordnung. Der Bundesvorstand der CDU hat sich für Armin Laschet entschieden, der auch CDU-Bundesvorsitzender ist. Alles andere wäre für ihn das Aus gewesen, und die kleine Schwester hätte den Kanzler gestellt.

Der Weckruf kam noch rechtzeitig, um bis zum 26. September 2021 aus dem Stimmungstief zu kommen. Gibt es einen Richtungswahlkampf CDU/CSU gegen Grün-Rot-Rot? Die Grünen, ohne Erfahrung in herausgehobener Amtsführung, die SPD durch die Groko ziemlich ermüdet und ausgelaugt. Das wird ein Wahlkampf, der das Wahlergebnis beeinflussen wird und nicht nur die Umfragen der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse.

Thomas Bartsch-Hauschild, Hamburg

Aufbruchstimmung?

„Die zweite K-Frage“, taz vom 22. 4. 21

Auch wenn mit der Nominierung von Frau Baerbock endlich auch wieder grüne Themen zur Sprache kamen mit der Aussicht, dass Grüne nicht mehr so kompromissbereit daherkommen könnten: Es herrscht keinerlei Aufbruchstimmung. Den zurzeit aktiven Parlamentariern fehlt der Druck einer aufbegehrenden Parteibasis, zu verlockend ist für viele eine Zukunft als Berufspolitiker mit Spezialkenntnissen.

Die jungen Leute von FFF sind in ihrer Mahnung nachhaltiger und suchen schon Bündnisse mit anderen Teilen der Gesellschaft und Überlegungen, eine eigene Partei zu gründen. Das kommt ja nicht von ungefähr. Jedenfalls sind die Vorzeigekandidaten, die von FFF auf grünen Listen kandidieren, nur Alibis. Da liegt Sahra Wagenknecht schon richtig, wenn sie auch aus ihrer Blase heraus darauf hinweist, dass eine bürgerliche grüne Partei eher als abschreckende Rechthaberpartei rechten Verschwörern in ihrem Elite-Vorwurf Argumentationshilfe leisten könnte.

Dietmar Rauter, Kronshagen

Lieber Bolzplatz

„Da geht noch was“,

taz vom 19. 4. 21

Die Gedankenspiele der vermeintlichen europäischen Großvereine bestätigen eindrucksvoll alles, was wir ja eigentlich schon wissen. Im Fußball geht es schon lange nicht mehr um den Sport, sondern nur noch um Kohle!

Auf dem Platz laufen lediglich Marionetten herum, die nur dort kicken, wo das Geld stimmt. Und wenn diese Pandemie irgendwann mal vorbei ist, werde ich nicht sofort wieder ins Stadion rennen. Nein, ich schaue mit lieber ein Jugendfußballspiel auf dem Bolzplatz an. Dort wird nämlich noch mit Herz gespielt!

Achim Bothmann, Hannover

Nicht greifbar

„Notbremse zieht schon am Wochenende“,

taz vom 22. 4. 21

Nach allem Hin und Her und um die ungeliebte Kanzlerinnenrunde hat das hohe Parlament debattieren, demokratisch, sach- und fachkundig beschließen dürfen. Nach kaum weniger Gezerre und Streit ist nicht sehr viel mehr herausgekommen als bereits seit Wochen und Monaten. Allerdings geht wieder Zeit ins Land, Menschen erhalten nicht schneller und zügiger Impfschutz, Tests, Menschen erkranken, stecken sich an, sterben. Hilferufe der Kliniken, Pflegenden und Mediziner verhallen, werden ignoriert, veranlassen nicht zu schnellster Hilfe auf kurze wie längere Sicht.

Soll das noch als Preis der Freiheit und Demokratie verstanden und akzeptiert werden? Wozu alles Gerede im Bundestag, endloses Polit-Interessen-Geschrei ohne greifbare Entscheidung darüber, was wirklich wichtig wäre.

Roland Winkler, Aue