Neue Studie zu Fertiglebensmitteln: Zweifel an Klöckners Strategie

Viele Fertigprodukte enthielten nun weniger Salz und Zucker als früher, so Agrarministerin Klöckner. Ob die Zahlen repräsentativ sind, ist fraglich.

Müsli, verschiedene Sorten in einem Regal in einem deutschen Supermarkt,

Laut Studie sind in Fertigprodukten Zucker oder Salz reduziert worden – doch reicht das? Foto: Helmut Meyer zur Capellen/imago

BERLIN taz | Einige von Ernährungsministerin Julia Klöckner in den Fokus genommene Fertiglebensmittel enthielten 2020 weniger Zucker oder Salz als 2016. „Durchschnittlich vier Prozent weniger Salz in verpacktem Brot und Kleingebäck“ habe das ihr unterstellte Max-Rubner-Institut für Ernährungsforschung (MRI) ermittelt, teilte die CDU-Politikerin am Mittwoch mit. Müsli-Riegel mit Schokolade hätten 10,9 Prozent weniger Zucker enthalten. Der Vergleich beruht aber nur auf Daten zu wenigen Produkten, wie aus der MRI-Studie hervorgeht. Dennoch sagte Klöckner: „Die Wissenschaft bescheinigt uns erneut, dass unsere Strategie wirkt.“ Sie setzt auf Selbstverpflichtungen der Industrie, ihre Produkte ausgewogener zusammenzusetzen.

Zwei Drittel der Männer und die Hälfte der Frauen in Deutschland sind laut Robert-Koch-Institut übergewichtig. Ein Viertel der Erwachsenen ist stark übergewichtig (adipös). Zu viel Zucker, Fett und Salz erhöhen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Deshalb hatte Klöckner mit Lebensmittelherstellern vereinbart, dass die Firmen diese Nährstoffe reduzieren. Das MRI soll regelmäßig überprüfen, ob und wie sich die Mengen ändern.

Doch die Forscher untersuchten vor allem 2016 nur einen Teil der Produkte. Bei „Brot und Kleingebäck“ etwa nahmen sie nach eigenen Angaben lediglich 293 Stichproben. Bei der aktuellen Folgeerhebung 2020 dagegen untersuchten sie 913 solcher Produkte, was dem Gesamtmarkt deutlich näher kommen dürfte. Bei Müsliriegeln mit Schokolade waren es zuerst 19, dann 68 Sorten. Das MRI erklärte die große Differenz „nicht zwangsläufig“ mit einem größeren Angebot, sondern „mit einer anderen Zielsetzung“ der damaligen Erhebung als heute.

Dennoch seien die Zahlen vergleichbar, sagte Irmela Demuth, eine der AutorInnen, der taz. „Wir haben die gleiche Methode angewandt“ zur Auswahl der Produkte, so die Wissenschaftlerin. „Wir haben einen statistischen Test gewählt, der robust ist gegenüber ungleichen Stichproben.“

„Ein paar Gramm weniger Zucker in Müsli-Riegeln sind keine Strategie gegen die Adipositas-Epidemie“, kritisierte Oliver Huizinga, Kampagnenleiter der Verbraucherorganisation foodwatch. „Eine Limo-Steuer nach britischem Vorbild und Beschränkungen der Junkfood-Werbung an Kinder sind seit Jahren überfällig.“ Durch freiwillige Selbstverpflichtungen verschwende Klöckner wertvolle Zeit und nehme vermeidbare Neuerkrankungen an Adipositas und Typ-2-Diabetes in Kauf.

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