Umgang mit krankhafter Tierliebe: Hilfe vom Psychologen

Die Hamburger CDU will allen Menschen, die Tiere sammeln und unzureichend versorgen, Therapie anbieten. Viele von ihnen seien krank.

Eine Katze hockt in einer vermüllten Wohnung.

Beim Animal Hoarding sind Tiere und Hal­te­r:in­nen in einer Notlage Foto: Aktion Tier, Ursula Bauer/dpa

HAMBURG taz | Haustiere zu halten ist aufwendig und bringt große Verantwortung mit sich. Je mehr Tiere jemand hält, desto größer sind Aufwand und Verantwortung. Den meisten gelingt das, aber es gibt auch tragische Fälle wie dieser aus dem November vergangenen Jahres: 108 Vier- und Zweibeiner – Hunde, Kaninchen, Vögel und weitere Tierarten – rettete das Veterinäramt aus einem Haushalt im Stadtteil Sülldorf, in dem die Tiere unter prekären Bedingungen gelebt hatten.

Ein trauriger Extremfall, doch Fälle von „Animal Hoarding“, dass also Menschen Tiere horten, sie unter schlechten Bedingungen halten und unzureichend versorgen, gibt es immer wieder. Die Tiere haben in solchen Fällen oft zu wenig Platz, zu wenig Futter und erhalten keine ausreichende veterinärmedizinische Versorgung.

25 Fälle von Animal Hoarding seien in Hamburg seit 2009 dokumentiert worden, heißt es in der Antwort des Senats auf eine Anfrage des tierpolitischen Sprechers der CDU in Hamburg, Sandro Kappe, von vergangener Woche. Dabei seien neben Hunden, Katzen, Kaninchen und Vögeln auch ausgefallenere Haustiere wie Wüstenrennmäuse, Leguane oder Axolotl festgestellt und aus der Haltung befreit worden.

Menschen, die Tiere horten, seien nicht in der Lage, das Ausmaß ihres Handelns zu reflektieren, da sie in vielen Fällen krank seien, sagt Kappe. Er möchte neben dem Wohlbefinden der Tiere und der tierrechtlichen Seite die Problematik des Animal Hoardings als psychische Krankheit der Hal­te­r:in­nen in den Fokus rücken und fordert, den Betroffenen nach der Entdeckung ihres Hortens ein Therapieangebot zu machen, damit sich das Problem nicht wiederhole. Ein Hilfsangebot wirke besser als Schuldvorwürfe.

Der Begriff Animal Hoarding bedeutet so viel wie Tiersammel-Sucht.

Es handelt sich dabei um ein Krankheitsbild, bei dem Menschen Tiere in einer großen Anzahl halten, aber nicht in der Lage sind, sie angemessen zu versorgen.

Die Sucht Tiere zu sammeln sei ein Randphänomen, sagt Anke Höfer von der Behörde für Veterinärwesen in Hamburg-Nord. Dennoch sei das Verhalten ernstzunehmen, da das Wohlergehen vieler Tiere davon abhänge und die Folgen des Sammelns dramatisch seien, da Tierheime bei der Entdeckung einer Sammlung mit der abrupten Aufnahme vieler Tiere überfordert seien.

Die Be­sit­ze­r:in­nen seien sich in den meisten Fällen nicht bewusst, dass es ihren Tieren nicht gut geht, sagt Höfer. Sie handelten aus einem Helfer- oder Rettersyndrom heraus, wobei das Gefühl für Tierhaltung verloren gehe. Dieses Verhalten könne als Folge einer psychischen Erkrankung entstehen. Die Anerkennung der Sammelsucht als Krankheit sei wichtig, um die Betroffenen zu erreichen und das Horten, welches sich allmählich entwickle, verhindern zu können.

Bisher hat laut der Antwort des Senats auf Kappes Anfrage nicht je­de:r Tier­horte­r:in ein Hilfsangebot bekommen, weil es keine speziellen Beratungsangebote für diesen Personenkreis gebe. Anlassbezogen werde aber das Fachamt Gesundheit des jeweiligen Bezirksamtes informiert.

Sandro Kappe reicht das nicht, er fordert in jedem Fall von Animal Hoarding ein psychologisches Hilfsangebot. Auch Lisa Maria Otte, Fachsprecherin für Tierschutz der grünen Bürgerschaftsfraktion, findet die Forderung grundsätzlich sinnvoll. Die Umsetzung jedoch stelle sie sich schwierig vor, da nicht jeder Mensch, der viele Tiere halte, psychisch krank sei und therapeutische Hilfe benötige. Es müsse im Einzelfall entschieden werden, wie einsichtig die betroffenen Personen sich bezüglich ihrer Tierhaltung zeigten und ob sie bereit seien, diese zu ändern. Nicht je­de:r brauche dann ein Therapieangebot. Zudem sei die Forderung auch im Hinblick auf den generellen Mangel an Therapieplätzen schwer umzusetzen.

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