Regierungseinigung zu Agrarsubventionen: Mehr Öko, als CDU-Klöckner wollte

Die CDU-Landwirtschaftsministerin gibt im Streit mit dem SPD-Umweltressort über EU-Agrarhilfen nach. Künftig sollen Bauern mehr für die Natur leisten.

Mohnblumen blühen am Rand eines Feldes.

Blühstreifen bei Bonn: Auf den Feldern sollen die Blumen mehr Platz bekommen Foto: Klaus W. Schmidt/imago

BERLIN taz | Das Bundesumweltministerium hat durchgesetzt, dass deutsche Bauern für EU-Agrarsubventionen naturfreundlicher arbeiten müssen als vom Landwirtschaftsressort vorgeschlagen. Das Kabinett wird Regierungskreisen zufolge am Dienstag beschließen, im Jahr 2023 zunächst 37 Prozent der wichtigsten Subventionsart – der Direktzahlungen – von zusätzlichen Leistungen für Klima, Umwelt und Tierschutz abhängig zu machen. Bis 2026 soll der Anteil auf 42 Prozent steigen. Agrarministerin Julia Klöckner (CDU) hatte nur 28 Prozent vorgeschlagen. Da wichtige Details noch offen sind, ist aber unklar, wie viel Fortschritt die neuen Regeln für die Umwelt bringen werden.

Die Europäische Union überweist jährlich rund 6 Milliarden Euro Subventionen für die deutsche Landwirtschaft, davon fast 80 Prozent für Direktzahlungen. Dennoch geben vor allem kleine Höfe auf; die Branche trägt maßgeblich zum Klimawandel und Artensterben bei. Deshalb handeln die EU-Institutionen gerade eine Reform aus. Parallel planen Bund und Länder, wie die erwarteten Regeln in Deutschland umgesetzt werden sollen.

Die Bundesregierung übernimmt nun weitgehend die Forderungen der Landesagrarminister: 25 Prozent der Direktzahlungen sollen die Bauern nur erhalten, wenn sie „Öko-Regelungen“ erfüllen – zum Beispiel wenn sie besonders viele Brachen haben, weniger chemisch-synthetische Pestizide einsetzen oder in Naturschutzgebieten ökologische Leistungen erbringen. Klöckner hatte lediglich 20 Prozent verlangt, Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) dagegen mindestens 30 Prozent. Derzeit bekommen die Landwirte Direktzahlungen pro Hektar Fläche, weitgehend unabhängig davon, wie sie ihn bewirtschaften.

Zudem will die Regierung 2023 10 Prozent und 2026 15 Prozent der Direktzahlungen in die zweite Säule des EU-Agrarbudgets umschichten, die zum Beispiel die Extraprämien für Ökobauern finanziert. Das Agrarministerium hatte hier nur 8 Prozent vorgeschlagen. Bereits 2022, also vor Beginn der neuen Förderperiode, soll nicht wie bisher geplant 6, sondern 8 Prozent in die zweite Säule fließen.

Schaf- und Ziegenhalter sollen 2 Prozent der Direktzahlungen nicht pro Fläche, sondern pro Tier erhalten. Das soll die klima- und tierfreundliche Weidehaltung fördern. Wanderschäfer etwa haben bisher kaum eigenes Land, für das sie Direktzahlungen bekommen könnten.

Zweifel aus der Wissenschaft

Allerdings ist noch nicht entschieden, wieviel die Bauern für die verschiedenen Öko-Regelungen bekommen und welche Bedingungen dafür gelten. „Ich bin skeptisch, dass das der große Wurf ist“, sagte Sebastian Lak­ner, Agrarprofessor der Universität Rostock, der taz. Wenn die Öko-Regeln zu lasch und die Prämien zu hoch seien, könnten Landwirte sich sogar an weniger Umweltmaßnahmen aus der zweiten Säule beteiligen, die für die Natur besonders vorteilhaft seien. Lakner begrüßte aber, dass die Regeln nur mit Zustimmung des Umweltministeriums erlassen werden sollen.

Schaf eauf einer weide

Gut für die Umwelt: Weidehaltung von Schafen bei Graditz in Sachsen Foto: Sabine Brose/Sorge/imago

Deutschlands größter Umweltschutzverband, der Naturschutzbund (Nabu), kritisierte den Kompromiss der Regierung als „ernüchternd“: „Es wäre vermessen, dies als Fortschritt zu feiern. Jetzt muss das Parlament ran“, sagte Nabu-Präsident Jörg-Andreas Krüger. „Allein für die Erfüllung der EU-Naturschutzpflichten wäre eine Umschichtung von mindestens 18 Prozent [in die zweite Säule] notwendig“. Krüger verlangte auch „weitere Prozente für die Finanzierung des Ökolandbaus und anderer Projekte im ländlichen Raum“.

Dem Bauernverband geht die Einigung dagegen zu weit. Schon die Beschlüsse der Agrarministerkonferenz würden „zu einem Strukturbruch der bäuerlichen Landwirtschaft führen“, schrieb Verbandspräsident Joachim Rukwied. Die zusätzlich vorgeschlagenen „sehr kontrollaufwendigen“ Öko-Regelungen gefährdeten „eine pragmatische Umsetzung und eine pünktliche Auszahlung der Fördermittel im Dezember 2023“.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.