B-Bayern mit Punkt

Die Meisterschaft bereitet Hansi Flick keine größeren Sorgen. Die Personallage ist vor dem Spiel in Paris das größere Problem

Abgeklatscht: Leroy Sané nach dem Punkt gegen Eisern Union Foto: Andreas Gebert/dpa

Aus München Elisabeth Schlammerl

Hansi Flick betonte immer wieder, sein Motto sei es, im Hier und Jetzt zu leben. Aber manchmal ist die nahe Zukunft auch für den Trainer des FC Bayern wichtiger als die Gegenwart. Nein, damit ist nicht gemeint, was mit ihm im Sommer passiert, sondern mit der Mannschaft in der Champions League. Man habe, sagte Flick nach dem 1:1 gegen Union Berlin in der Bundesliga, „schon den Blick für Dienstag“ gehabt. Für das Viertelfinalrückspiel gegen Paris St. Germain, das darüber entscheidet, ob des Trainers zweites Jahr bei den Bayern wieder ein überragendes werden kann.

Dass es Flick schwerfällt, das Ergebnis zu akzeptieren, weil Union durch Marcus Ingvartsen zum späten Ausgleich kam, ist seinem Ehrgeiz geschuldet, aber tatsächlich können die Bayern ganz gut mit dem Unentschieden leben. Sie führen in der Tabelle mit fünf Punkten vor Leipzig. Der Trainer hat andere Sorgen als den geschmolzenen Vorsprung in der Meisterschaft. Ganz sicher gehört dazu, wie er es bis Saisonende hinbekommen will, dass es nicht ständig um den schwelenden Konflikt mit Sportvorstand Hasan Salihamdizic geht und darum, ob er auch nächste Saison noch beim FC Bayern beschäftigt sein wird. Er selbst befeuert die Spekulationen, weil er zum einen Aussagen tätigt, die als Spitze gegen den Manager verstanden werden können – wie die, dass der Kader im vergangenen Jahr besser gewesen sei. Zum anderen verweigert Flick eine klare Aussage, wie es weitergeht. Vermutlich kann er nicht sagen, was Sache ist, weil er es entweder nicht weiß oder bereits entschieden hat, seinen Vertrag im Sommer zu kündigen.

Er versucht, sich durchzulavieren – und muss hoffen, dass die Unruhe, die die Diskussionen mit sich bringen, nicht auf die Mannschaft übergreift. Die, das gibt Manuel Neuer zu, bleibt nicht unbeeindruckt von den Störfeuern. Das Thema sei zwar „nicht so groß, wie man sich das vorstellen kann“, so der Kapitän. „Dennoch sind alle Sachen, die von außen auf uns einprasseln, nicht vonnöten.“

Es reicht, dass die Münchner mit der prekären personellen Situation zurechtkommen müssen. Die hat sich nicht gebessert am Wochenende, im Gegenteil. Kingsley Coman musste sich kurz vor Ende der ersten Halbzeit behandeln lassen, ein Schlag aufs Wadenbeinköpfchen, wie es später hieß. Der Franzose konnte zwar weitermachen, wurde aber in der Pause ausgewechselt. Es sei allerdings schon vor dem Spiel beschlossen worden, dass er nur 45 Minuten spielen würde, so Flick.

„Alle Sachen, die von außen auf uns einprasseln, sind nicht vonnöten“

Manuel Neuer, Torwart, FC Bayern

Später musste auch Jerome Boateng runter, wegen Knieproblemen. Bei beiden war der Trainer zuversichtlich, „dass es nichts Schlimmeres ist“. Als noch Jamal Musiala kurz nach seinem Führungstor auf dem Rasen lag, dürfte Flick zu zählen begonnen haben, ob er in Paris noch Spieler für die Ersatzbank hat oder die halbe zweite Mannschaft wird mitnehmen müssen. Den Jung-Nationalspieler plagte aber nur ein Wadenkrampf.Neun Spieler fehlten gegen Union verletzt oder wie Alphonso Davies gesperrt. Der Kanadier ist der Einzige, der in Paris sicher dabei sein wird. Wie auf Coman und Boateng hofft Flick auf Leon Goretzka und Lucas Hernandez, wobei er beim Franzosen größere Chancen sieht, mithelfen zu können beim Versuch, trotz des 2:3 im Hinspiel das Halbfinale zu erreichen. Gegen Union habe die Mannschaft, sagt Flick, „das Beste daraus gemacht“.

In der Bundesliga lassen sich die Lücken halbwegs stopfen. Josip Stanisic bot bei seinem Profi-Debüt auf der für ihn ungewohnten linken Außenverteidiger-Position eine ordentliche Leistung. Auch der junge Tiago Dantas hinterließ bei seinem ersten Startelf-Einsatz einen besseren Eindruck als in der zweiten Mannschaft. Und Bouna Sarr, einer der umstrittenen Herbst-Transfers von Salihamidzic, zeigte seine bisher beste Leistung im Bayern-Trikot. Aber Paris ist für sie alle wohl eine Nummer zu groß.