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Testen statt schließen: So sollen nach Ostern Kitas und Schulen möglichst offen bleiben – und die Bundesländer hoffen auch auf weitere Öffnungen. Doch können wir Schnell- und Selbsttests trauen? Ein Überblick

Schnelltests to go gibt’s bei privaten Anbietern, aber auch in Apotheken und Arztpraxen Foto: Daniel Biskup

Von Felix Lee und Ralf Pauli

Welche Schnelltests gibt es?

Schnelltests sind zwar weniger sicher als die PCR-Tests, die im Labor ausgewertet werden. Sie haben aber einen Vorteil: Schon 15 bis 20 Minuten nach dem Abstrich in der Nase oder im Rachen steht ihr Ergebnis fest. So lässt sich schneller als bisher feststellen, ob sich jemand mit dem Coronavirus angesteckt hat und zum Testzeitpunkt so viel Viruslast hat, dass er infektiös ist.

Alle Schnelltests sind Antigen-Tests, die binnen weniger Minuten ein Ergebnis zeigen. Man unterscheidet jedoch zwischen Schnelltests, die von medizinischem Personal durchgeführt werden, und Laientests, die jeder selbst durchführen kann und die inzwischen selbst bei Discountern und Drogerien erhältlich sind.

Aktuell listet das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) rund 250 Schnelltests, die die Mindestkriterien hinsichtlich ihrer Genauigkeit erfüllen. Als Laientests sind für Deutschland derzeit 25 Produkte zugelassen, die meisten sind sogenannte Nasenbohrertests. Hier wird ein Wattestäbchen nur etwa zwei Zentimeter in den vorderen Nasenbereich eingeführt – im Unterschied zur ersten Testgeneration, die noch einen etwas unangenehmen Abstrich aus dem Rachen­bereich verlangt.

Für den Eigengebrauch zugelassen sind aber auch vier Spuck- oder Speicheltests. Für weitere 200 Laientests liegen laut BfArM derzeit Zulassungs­anträge vor.

Welche Kriterien müssen diese Tests erfüllen?

Bei der Schnelltest-Zulassung für den europäischen Markt werden die Angaben der Hersteller – wie für Medizinprodukte üblich – nicht staatlich kontrolliert. Es gibt auch bislang keine internationalen Standards für Covid-19-Antigen-Schnelltests. Das Bundesgesundheitsministerium schreibt in seiner Coronavirus-Testverordnung aber vor, dass der Staat Schulen oder Pflegeheimen nur die Kosten jene Schnelltests erstattet, die bestimmte Mindestkriterien erfüllen.

Entscheidend hierfür sind die beiden Begriffe Sensitivität und Spezifität. Sie bezeichnen, wie viele Infizierte ein Test übersieht respektive irrtümlich als infiziert erkennt. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) hat festgelegt: Mindestens 80 von 100 Infizierten muss ein Schnelltest erkennen. Umgekehrt dürfen maximal 3 von 100 Nicht-Infizierten fälschlicherweise das Ergebnis „positiv“ erhalten.

Bei 84 auf dem Markt befindlichen Tests hat das PEI bisher die geforderte Qualität bestätigt. Für die Zulassung als Laientest beim BfArM müssen die Hersteller zudem eine Gebrauchstauglichkeitsstudie sowie eine verständliche Bedienungsanleitung in deutscher Sprache vorlegen. Bei den Laientests zeigt sich: Die später zugelassenen Produkte arbeiteten in der Regel präziser als die ersten Laientests.

Wie zuverlässig sind die Tests?

Im Vergleich zu den exakten PCR-Tests finden die Schnelltests weniger Infizierte. Denn sie erkennen eine Infektion nur dann, wenn eine hohe Virenlast im Mund- und Nasenbereich vorhanden ist, was vor allem vier bis acht Tage nach der Infektion der Fall ist, während PCR-Tests über einen Zeitraum von 20 bis 30 Tagen positiv ausfallen können. Um Ansteckungen zu vermeiden, sind die Schnelltests aber trotzdem hilfreich. Denn diese gehen vor allem von den Infizierten mit der großen Virenmenge aus, bei denen auch die Schnelltests anschlagen.

Entscheidend für ein korrektes Ergebnis ist aber auch dabei die korrekte Durchführung der Tests und die Kontrolle der Ergebnisse. So soll man sich beispielsweise vor einem „Nasenbohrertest“ die Nase schnäuzen, um im Fall einer Infektion ausreichend Viren aus dem Rachen- und dem vorderen Nasenraum zu befördern.

Vor allem Schulen beschäftigt die Frage, ob sich Schü­le­r:in­nen zu Hause testen sollen – was den Lehrkräften Zeit sparen würde und die Infektionsgefahr beim Testen verringern würde. Oder in der Schule, wo geschulte Lehrkräfte die Tests beaufsichtigen können.

Wie werden diese Tests eingesetzt?

Jedem Bundesbürger steht mindestens ein kostenloser Schnelltest pro Woche zu, der von professionell geschultem Personal entnommen wird. In Berlin etwa können sich die Bür­ge­r:in­nen auch mehrfach die Woche kostenlos professionell testen lassen – zumal sie demnächst auch verpflichtend werden, sobald man nur ein Geschäft oder einen Friseursalon betreten möchte.

Vorgenommen werden diese professionell in speziellen Testzentren. Inzwischen bieten sie „to go“ aber auch Apotheken, Arztpraxen oder auch private Anbieter an. Sie dürfen – nach einer Zertifizierung – dann ebenfalls Test-Testate ausstellen.

An Schulen werden auch Schnelltests akzeptiert, die man ohne Anleitung oder Überwachung von geschultem Personal selbst anwenden kann. Absolut kinderleicht sind sie aber nicht: Den Schülerinnen und Schülern muss erklärt werden, wie die Anwendung funktioniert.

Eine zentrale Rolle sollen die Laientests für Unternehmen, die Gastronomie und Dienstleistungen spielen. Zudem könnten sie als Vorsichtsmaßnahme bei privaten Treffen oder auch vor Veranstaltungen wie Theater oder Kino das Mittel der Wahl sein. Tübingen ist als „Modellregion“ bereits diesen Weg gegangen, das Saarland will ebenfalls so verfahren. Doch angesichts der auch dort steigenden Infektionszahlen werden sie diese Versuche wohl schon bald wieder einstellen.

Warum fehlen noch immer Tests in Schulen?

Erste Länder wie NRW und Hamburg haben bereits eine Testpflicht für Schülerinnen und Schüler beschlossen

Zuständig für die Beschaffung der Schnelltests an Kitas und Schulen sind die Bundesländer. Darauf einigten sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen der Länder Anfang März. Allerdings hatte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schon Wochen zuvor Erwartungen geweckt, als noch nicht mal der erste Laientest zugelassen war. Unter anderem versprach Spahn Mitte Februar, dass Laientests für Schulen nach der „bald erwartbaren Zulassung durch das BfArM für alle zugänglich sein“ würden.

Doch manche der Tests wurden nicht so schnell zugelassen wie erhofft. So beispielsweise der Laientest der Firma nal von minden, den das Land Berlin für seine Schulen kaufte. Als sich die Zulassung verzögerte, musste der Berliner Senat kurzfristig zwei Millionen Tests bei Siemens Healthcare kaufen, um zumindest einen Teil der Schü­le­r:in­nen wie versprochen testen zu können. Das Saarland wiederum griff zunächst auf die Schnelltests zurück, die nur durch medizinisches Personal durchgeführt werden dürfen. Und bei den Gurgeltests, die sich schon an Modell-Grundschulen bewährt haben und in der Gunst vieler Bil­dungs­mi­nis­te­r:in­nen hoch oben stehen, sind die Zulassungsverfahren noch nicht abgeschlossen. Deshalb greifen die Länder aktuell vor allem auf die „Nasenbohrertests“ zurück.

Eine „Taskforce“ unter Leitung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn und Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) habe den Ländern 130 Millionen Tests von Roche und Siemens vermittelt, heißt es aus dem Gesundheitsministerium.

Die Länder berichten jedoch von Schwierigkeiten, sich ausreichende Stückzahlen zu sichern. Auch die Auslieferung der Testkits an die Schulen hat teils länger gedauert als gedacht.

Nach den Osterferien sollen – sofern nicht doch wieder ein harter Lockdown in Kraft tritt und Schulen und Kitas eh wieder dichtmachen müssen – überall im Land Schüler:innen, Lehrer:innen, Kitapersonal und zum Teil auch Kitakinder aber regelmäßig getestet werden. Erste Bundesländer wie Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt haben in den vergangenen Tagen bereits eine Testpflicht für Schülerinnen und Schüler beschlossen.

Können die Tests einen harten Lockdown ersetzen?

Nicht mehr wirklich. Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) bezeichnete die Schnelltests vor Kurzem noch als „Gamechanger“, also spielentscheidend in der Bekämpfung der Coronapandemie. Die Logik dahinter: Je früher Infektionen erkannt werden, umso besser lässt sich verhindern, dass der Infizierte andere ansteckt. Das trifft aber nur zu, solange die Infektionszahlen nicht exorbitant hoch sind. Das sind sie in vielen Regionen Deutschlands aber bereits wieder.

Der Mikrobiologe Michael Wagner von der Uni Wien, der den Einsatz von Schnelltests in Österreich untersucht hat, hält die Antigen-Tests dennoch für sinnvoll. Auch wenn die Tests nicht alle Infizierten entdecken, habe es natürlich einen Effekt, wenn jede Woche Hunderte Infizierte mit hoher Viruslast in Schulen herausgefiltert würden, sagte Wagner im Standard. In Österreich wurden seit Beginn des zweiten Schuljahrs Mitte Februar mehr als 5.000 Coronafälle in den Schulen entdeckt.