Baerbock und Habeck

Sie oder er? Foto: Sean Gallup /getty images

Grüne Spitzenkandidatur:Annalena Baerbocks Aufholjagd

Jetzt wird es ernst: Die Grünen wollen die K-Frage nach Ostern klären. Kann Annalena Baerbock überhaupt noch Nein sagen?

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4.4.2021, 18:44  Uhr

Robert Habeck sitzt am 9. Dezember 2017, einem Samstag im Advent, zu Hause mit seiner Ehefrau und seinen Söhnen beim Kaffee, sie spielen Siedler. Plötzlich klingelt sein Telefon, Annalena Baerbock ist dran. „Du, ich hab mir überlegt, ich kandidiere auch. Morgen läuft es bei dpa.“

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Der Anruf wirft Habecks Planung über den Haufen. Er will in einem taz-Interview, das am Montag erscheinen soll, seine Kandidatur für den Bundesvorsitz bekannt geben. Sehnlichst wird seine Ansage in der Partei erwartet. Alle hoffen, dass der Vize-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein endlich nach Berlin wechselt.

Wer die Frau an seiner Seite sein soll? Interessiert kaum jemanden. Aber Baer­bocks Anruf ändert alles.

Habecks Coup rückt in den Hintergrund, Baerbock prescht an ihm vorbei, die Scheinwerfer richten sich auf sie. Wie er selbst später erzählt, verabschiedet er sich genervt vom Siedler-Spiel mit der Familie und verbringt den Rest des Tages am Telefon. Alle wollen wissen, was er von ihrer Kandidatur hält.

Gut drei Jahre führen Baerbock und Habeck die Grünen nun gemeinsam. Sie tun das so harmonisch, wie es damals niemand für möglich hielt, bis heute sind nicht mal feinste Brüche im Verhältnis der beiden zueinander erkennbar.

Aber die K-Frage schwebt bedrohlich über ihnen. Nach Ostern wollen sie klären, wer sich um das Kanzleramt bewerben wird. Das gleichberechtigte Traumduo wird dann automatisch zu einer Nummer 1 und einer Nummer 2. Und klar ist auch: Beide wollen den Job.

Es gehe, bei aller Freundschaft, jetzt um die „Klärung der Machtfrage“, heißt bei den Grünen. Wie heikel das ist, zeigt schon die Aufschieberitis. Erst hieß es, die K-Frage werde nach der Baden-Württemberg-Wahl entschieden, dann sollte es Ostern sein, jetzt heißt es zwischen Ostern und Pfingsten.

Um zu verstehen, wie traumatisch der Einschnitt wirken kann, muss man noch einmal zurückblicken: Als Baerbock und Habeck als Duo im Amt starteten, war er der unangefochtene Star. Schriftsteller, Doktor der Philosophie, von den Medien gefeiert als nachdenklicher Politiker, der einen ganz neuen Stil prägt. Baerbock war ein No-Name, eine unbekannte Bundestagsabgeordnete aus Potsdam, Schwerpunkte Europa und Klimaschutz.

Robert Haceck am Rednerpult

Wie alles anfing – Robert Habeck bei seiner Rede um das Amt des Parteivorsitzenden im Januar 2017 Foto: Joachim Sielski/imago

Hätte man damals gefragt, wer bei der Bundestagswahl 2021 KanzlerkandidatIn werden soll, wäre man ausgelacht worden. Annalena … wer? Heute liegt die Sache anders. Die Frage lautet nicht mehr: Kann sie es? Sondern eher: Kann sie überhaupt noch Nein sagen?

Baerbock hat viele UnterstützerInnen in der Partei. Sie, sagen jene, besitze die innere Härte, die Belastbarkeit, die Klarheit für den Spitzenjob – und habe die Fähigkeit, alle Fäden zusammenzuhalten. Was die Leute nicht dazu sagen, aber meinen: Baerbock wäre besser in dem Amt als Habeck.

Die K-Frage war lange ein gelungener Werbestunt, der den Grünen viele Zeitungstexte bescherte, in denen die Wörter Baerbock, Habeck und Kanzleramt vorkamen. Perfekt. Aber jetzt wird es ernst. Aus dem Märchen ist eine realistische Variante geworden, seitdem die CDU im Niedergang ist.

Bei den Grünen haben sich die Gewichte verschoben. Baerbock hat sich mit Ausdauer, Kompetenz und einer ordentlichen Portion Chuzpe aus Habecks Schatten herausgearbeitet. Sie hat sich strategisch ein hartes Themenfeld nach dem anderen erschlossen, die Flüchtlings-, die Außen- und die Verteidigungspolitik. Sie hat ihn bei der Zahl der Talkshow-Auftritte überholt, das bessere Ergebnis bei der Wiederwahl des Vorstandes eingefahren.

Aber greift Baerbock auch zu? Sagen wir es so: Müsste man wetten, würde man nicht mehr auf Robert Habeck setzen. Aber nicht, weil Annalena Baerbock eine Frau ist, sondern weil sie Annalena Baerbock ist

Nicht nur Baerbocks Fans bei den Grünen loben sie überschwänglich. Führende CDU-Politiker sagen öfter ihren Namen, wenn es darum geht, wen sie für besonders gefährlich halten. Das kann natürlich Kalkül sein, who knows. Und ja, Baerbock ist eine Frau, was in einer feministischen, die Quote hochhaltenden Partei immer ein Faktor ist.

Frauen haben bei den Grünen traditionell den ersten Zugriff, auf Ämter, auf Listenplätze, auf Redezeit. Bei Anne Will hat Habeck das neulich auf etwas verquaste Art formuliert. Wenn Baer­bock „als Frau sagen würde, ich mache es, weil ich eine Frau bin – und die Frauen haben das erste Zugriffsrecht – dann hat sie es, natürlich“.

Aber, auch das sagen alle, ausschlaggebend solle das Geschlecht natürlich nicht sein. Es ist also kompliziert.

Aber greift Baerbock auch zu? Sagen wir es so: Müsste man wetten, würde man nicht mehr auf Robert Habeck setzen. Aber nicht, weil Annalena Baer­bock eine Frau ist, sondern weil sie Annalena Baerbock ist.

Annalena Baerbock auf dem Weg zum Rednerpult

Annalena Baerbock im Januar 2018, auch sie bewirbt sich um das Amt der Parteivorsitzenden Foto: Joachim Sielski/imago

Ein Freitagvormittag im März, eine Industriehalle im Berliner Westhafen, Baerbock und Habeck sitzen auf einer grünen Bühne vor einer rohen Backsteinmauer. Sie trägt ein knallrotes Kleid, er die Uniform jugendlich wirken wollender Politiker: dunkles Jackett mit weißem Hemd, den obersten Knopf offen. Es ist ein entscheidender Termin, die ParteichefInnen stellen den Entwurf für das Bundestagswahlprogramm vor. 136 Seiten, auf denen steht, wie die Grünen die Republik verändern wollen. Die optimistische Überschrift: Alles ist drin.

Beide schauen ernst, sammeln sich. Sie wissen, dass jede Geste unter dem Brennglas beobachtet wird. „Alles klar“, sagt Habeck leise und schaut zur Pressesprecherin hinüber. „Soll ich anfangen?“ Was nun folgt, ist eine Art Ballett. Habeck startet mit seinem Input, dann folgt Baerbock, dann wieder er, sie endet, alles säuberlich austariert.

Auch als die JournalistInnen Fragen stellen, wechseln sie sich ab. Professionell vorgetragene Harmonie. Kein Journalist fragt nach der Kanzlerkandidatur. Normalerweise interessieren sich HauptstadtjournalistInnen brennend für Personalien, die Details der Schuldenbremse sind weniger sexy. Die Pressekonferenz wirkte, als „ließe eine Horde Alkoholiker das Schnaps­regal links liegen und prostete sich stattdessen mit veganen Proteinshakes zu“, schrieb der Spiegel danach.

Baerbock und Habeck haben die JournalistInnen einfach müde gequatscht. Monatelang wiederholten sie auf Fragen nach der Kanzlerkandidatur die immer gleichen Phrasen, so dass selbst hartnäckigsten BerichterstatterInnen das Ganze zu blöd wurde.

Dieser Text stammt aus der taz am wochenende. Immer ab Samstag am Kiosk, im eKiosk oder gleich im Wochenendabo. Und bei Facebook und Twitter.

„Wir sind in der wunderbaren Lage, zwei exzellente KandidatInnen zu haben“, sagt Agnieszka Brugger, die Verteidigungsexpertin der Bundestagsfraktion. „Annalena und Robert können bei dieser Entscheidung keinen Fehler machen.“ Solche Sätze sagen alle Grünen, mit denen man telefoniert. Aber so einfach ist es nicht.

Die Klärung der K-Frage ist für die Grünen in etwa so brisant wie der Nahostkonflikt. Sonst sehr thesenstarke PolitikerInnen ringen einem das heilige Versprechen ab, sie auf keinen Fall zu zitieren. Sie sagen, jede Silbe werde gerade in die eine oder andere Richtung gedeutet. Auch anonyme Einschätzungen werden nachträglich geändert und angepasst, nichts soll schieflaufen.

Anruf bei Jürgen Trittin, der vergleichsweise heiter klingt, vermutlich trägt die Lage der Union dazu bei. Worauf kommt es bei Baerbocks und Habecks Entscheidung an? „Die Frage ist, was die Erzählung für den Wahlkampf ist“, antwortet er nach kurzem Nachdenken. „Der Titel unseres Grundsatzprogramms lautet: ‚Veränderung schafft Halt‘. Zwischen den Polen bewegen sich die Narrative.“

Trittin ist einer der ausgebufftesten Politiker, den die Grünen haben. Er war Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und lange Fraktionschef, er stand in dem brutalen Wahlkampf 2013 an der Spitze, als Grünen in Fußgängerzonen wegen der Pädophiliedebatte vor die Füße gespuckt wurde. Er deutet nicht mal an, wen er besser fände. Aber denkt man seinen Ansatz weiter, landet man bei einer interessanten Analyse.

Ein Baerbock-Wahlkampf sähe nämlich etwas anders aus als ein Habeck-Wahlkampf, auch wenn beide nach der Entscheidung betonen werden, dass sie weiter auf Augenhöhe und partnerschaftlich unterwegs seien. Habeck stünde näher bei „Veränderung“. Neben seiner sechsjährigen Regierungserfahrung als Landesminister wird von vielen als Stärke gesehen, dass er nach der ermüdenden Merkel-Ära ein neues Kapitel aufschlüge.

Habeck spricht anders als ein klassischer Politiker, lädt Politik philosophisch auf. Damit berührt er Menschen. Auch die Gabe, Zweifel zuzulassen und auszudrücken, wirkt angesichts der Komplexität der Probleme wohltuend ehrlich.

Manchmal geht unter, wie konsequent Habeck an seinen Schwächen arbeitet. Um den Vorwurf zu kontern, er interessiere sich nicht für Spiegelstriche, friemelt er sich in knäckebrot­trockende Themen hinein, etwa die Finanzpolitik. Heute tritt er am liebsten im Sakko auf, die Zeiten von gebatiktem, aus der Hose hängendem Hemd und Cowboystiefeln sind vorbei.

Auch allzu penetrante Selbstdarstellung vermeidet Habeck inzwischen. Auf seinem Instagram-Account veröffentlicht er keine intim anmutenden Einblicke mehr. Die Wildpferde im Naturschutzgebiet Schäferhaus dürfen an Gräsern und Klee schnuppern, aber ganz bestimmt nicht mehr am Grünen-Vorsitzenden. Stattdessen gibt es Bilder von Habeck bei der Betriebsbesichtigung, im Bürgergespräch, bei Anne Will. Man kann dem Mann, der nie ein klassischer Politiker werden wollte, bei der Politikerwerdung zusehen.

Margarete Stokowski, Autorin

„Mein politisches Vertrauen in die Grünen wäre komplett aufgebraucht, wenn es Habeck wird“

Trotz solcher Wandlungen: Habeck vermittle am ehesten den Eindruck, mit dem Politikbetrieb wenig am Hut zu haben, sagen seine Fans. Dieser Typus war in den USA oder in Frankreich sehr erfolgreich, siehe Obama oder Macron. Die Zeit zitierte neulich einen anonymen Grünen aus der erweiterten Führung mit der Einschätzung, mit Baerbock als Spitzenkandidatin lande man zwischen „17 und 19 Prozent“, mit Habeck zwischen „14 und 24 Prozent“.

Baerbock wäre in dieser Denke der langweilige, aber sichere Bausparvertrag, Habeck das Lotterielos, mit dem man verlieren, aber auch den Hauptgewinn holen kann. Das führt zu einer Überlegung, die bei den Grünen im allertiefsten Keller vergraben liegt.

Ist nur mit Habeck das Kanzleramt drin, auch wenn die Kandidatur des Mannes die Grünen in Rechtfertigungsnöte brächte? Schließlich hielt Habeck stets ein bisschen Distanz zur eigenen Partei, eine Kunst, die auch die erfolgreichsten Grünen überhaupt beherrsch(t)en, Joschka Fischer und Winfried Kretschmann. Baerbock hingegen ist Grüne durch und durch, lebt und liebt die Partei. Zieht er deshalb mehr in der bürgerlichen Mitte?

Für diese These ließen sich vor einem Jahr Belege finden, heute ist das Bild unklarer. In Beliebtheitsumfragen liegen Baerbock und Habeck dicht beieinander. Laut Politbarometer trauen ihm 28 Prozent zu, das Zeug zum Kanzler zu haben – bei ihr sind es 25 Prozent. In einer Forsa-Umfrage sah es neulich ähnlich aus. Beide lagen übrigens vor Olaf Scholz und Armin Laschet. „KABOOOOMMM“, twitterte die Europaabgeordnete Terry Reintke.

Aber funktioniert Habecks Pathos auf Dauer? Schon jetzt ist er angeschossen, wird über seine komplizierten Formulierungen auf Twitter gespottet.

Zurück zu den Polen, auf die Trittin am Telefon hinwies. Baerbock stünde nämlich eher für „Halt“. Sie macht weniger Fehler als Habeck, ist faktensicherer. Wer mit ihr über das 1,5-Grad-Ziel streiten will, kann sich auf einen einstündigen Vortrag gefasst machen und auf zwei, drei SMS im Nachgang, mit denen sie sichergehen will, dass man es auch wirklich verstanden hat.

Baerbock rufe nachts um eins an, weil sie einen völkerrechtlichen Vertrag gelesen und eine Detailfrage habe, erzählte mal eine Abgeordnete. Das ist eher Modell Merkel, aber mit mehr Veränderung. „Die Deutschen suchen nach einem Jahr chaotischer Coronapolitik nach Verlässlichkeit“, sagt eine gut vernetzte Grüne. „Das bedient eher Annalena.“ Die These, dass mit Habeck mehr drin sei, halten ihre UnterstützerInnen für „Quatsch“. Baerbock stelle schnell Nähe zu Menschen her, stehe für den Typus der mitten im Leben stehenden Politikerin, sei auch als Mutter von zwei kleinen Töchtern gerade für Frauen ein Role-Model.

Kurzer Gegencheck in der feministischen Außenwelt. Margarete Stokowski antwortet innerhalb weniger Minuten, wenn man sie per Twitter-Direktnachricht um ihre Meinung bittet. „Ich stimme mit Baerbock politisch bestimmt nicht in allen Punkten überein, aber mein politisches Vertrauen in die Grünen wär komplett aufgebraucht, wenn es Habeck wird“, schreibt sie.

Das Charisma, das viele bei ihm sähen, komme bei ihr nicht an. „Ich sehe da nur einen von sich überzeugten Typen, der behauptet, feministisch zu sein, und dann nicht mal von alleine im entscheidenden Moment den richtigen Schritt macht, nämlich zu sagen: Wenn eine Frau es genau so kann, dann soll sie es machen.“ Drei Pünktchen pulsieren in dem Twitter-Fenster, Stokowski tippt. „Ich meine, Putin setzt sich halbnackt auf Pferde, Habeck legt sich angezogen drunter, das nimmt sich für mich nicht so viel in punkto männlicher Inszenierung.“

KABOOOOMMM.

Stokowski ist nicht irgendwer. Ihre Kolumne auf Spiegel Online hat eine enorme Reichweite, auf Twitter folgen ihr fast 140.000 Menschen. Sie ist die Stimme einer jungen Generation von Feministinnen, die erwarten, dass alte weiße Männer Platz machen.

Aber die Frage ist, ob aus dieser Erwartung Konsequenzen folgen würden, wenn sie enttäuscht wird. Dass grünenaffine Frauen die Partei wegen einem Kanzlerkandidaten Habeck nicht wählen, sondern lieber Scholz-SPD oder Linkspartei, ist eine steile These.

Allerdings lauert hier eine Falle für Baerbock. Wenn sie zugreift, werden manche sagen, dass sie es nur geworden sei, weil sie die Frau sei. Diesen altbackenen Vorwurf versuchen die Grünen schon jetzt zu kontern. „Natürlich ist das Frauenargument ein starkes, das ist bei der Konkurrenz – Laschet, Söder, Scholz, Lindner – doch offensichtlich“, sagt Jürgen Trittin. „Aber es ist nicht allein entscheidend.“

Franziska Brantner, europapolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, sagt: „Mich nervt es, wenn jemand sagt, Annalena müsse es machen, weil sie die Frau sei. Das reduziert sie auf ihr Frausein, und das wird weder ihr noch anderen Frauen in Spitzenpositionen gerecht.“ Auch Claudia Roth, grüne Bundestagsvizepräsidentin, regt sich über die Debatte auf. „Mich nervt die patriarchale Begleitmusik in manchen Medien“, sagt sie am Telefon. In einem Kommentar habe sich ein Journalist etwa gefragt, ob Annalena überhaupt wolle. Roth lacht. „Das würde beim Mann so nicht gefragt, da wird einfach angenommen, dass es so ist.“

Wobei man der Fairness halber hinzufügen muss, dass die Reflexe bei den Grünen etwas anders sind. Wer als Mann in der feministisch geprägten Partei wichtig werden will, darf seinen Machtanspruch nicht allzu offensiv formulieren. Habeck hat diese Demut perfektioniert. Auch seine Unterstützer sind maximal vorsichtig. Winfried Kretschmann wagte es im November 2019 zu sagen, dass er Habeck besser fände, weil er ein Kommunikator sei und über Exekutiverfahrung verfüge. Er musste öffentlich zurückrudern.

Baerbock dagegen zeigte zuletzt erneut, dass sie bereit ist. Vor gut einer Woche ließ sie sich im Spiegel und in der Süddeutschen Zeitung fast zeitgleich zitieren mit dem Satz, dass es dann doch „ein kleiner Stich ins Herz“ wäre, wenn sie verzichten würde. Selbst diese größtmögliche Emotion und vermeintliche Offenheit ist perfekt kontrolliert, von der Pressestelle autorisiert und mundgerecht verpackt.

Sie hat kein Problem mit klassischen Machtgesten. Sie verkündete im Dezember in der Bild am Sonntag, dass sie sich das Kanzleramt zutraue. Das Foto dazu: Baerbock im feuerroten Mantel und mit schwarzer Atemschutzmaske stützt sich mit beiden Armen lässig in einer Aufzugtür ab. Hätte Habeck sich so dominant hingestellt, hätte ihn seine Pressesprecherin zurückgepfiffen.

Am vergangenen Samstag treffen sich Schleswig-Holsteins Grüne zu einem digitalen Parteitag. Es geht auch um die Aufstellung der Landesliste für die Bundestagswahl. Robert Habeck bewirbt sich um Platz 2, den besten Männerplatz. „Führung heißt nicht „Ich, ich, ich“, Führung heißt nicht, der Erste sein zu wollen, Führung heißt nicht, alles besser können zu wollen“, sagt er. „Führung heißt, das Beste und das Kreativste, das Stärkste und das Mutigste in anderen zu wecken und groß werden zu lassen.“

Seine Sätze lassen sich auf zwei Arten deuten. Einerseits als Appell an Baerbock. Oder als vorsichtige Vorbereitung des eigenen Rückzugs. Nach der Rede dürfen Delegierte Fragen stellen. Eine Frau weist Habeck auf die rein männlichen Bewerber der anderen Parteien hin. Dann fragt sie ihn: „Warum hältst du nach wie vor an der Option fest, Kanzlerkandidat zu werden, und wie stehst du in Folge zu den Gleichstellungszielen unserer Partei?“

Habeck antwortet: „Erlaubt es mir, dass ich auf diese Frage heute nicht eingehe.“ Die Frage werde in vertrauten Gesprächen geklärt. Habeck ist noch nicht bereit, das Feld zu räumen.

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