US-Umgang mit China: Washington verschärft Ton

Mit einer Mischung aus Diplomatie und Demonstration militärischer Macht will die Regierung von US-Präsident Joe Biden gegenüber China Stärke zeigen.

Ein Düsenjet der US Army landet auf einem Flugzeugträger

Sind jetzt öfter auch in der Taiwanstraße unterwegs: US-Flugzeugträger im Südchine­sischen Meer Foto: U.S. Navy/ap

NEW YORK taz | Vor dem ersten Treffen zwischen Spitzenpolitikern aus Washington und Peking hat die neue US-Regierung ihre Verbündeten in der indopazifischen Region um sich geschart und scharfe Töne gegenüber China angeschlagen. „Wir müssen“, begründete Außenminister Antony Blinken das Vorgehen, „aus einer Position der Stärke handeln.“

Für ihn hat der Umgang mit Chinas „unerhörten Handlungen“ oberste Priorität – vor dem Nahen Osten, vor der EU und vor Russland. Er nennt China den „größten geopolitischen Test des 21. Jahrhunderts“.

Der US-Außenminister und sein chinesischer Kollege Wang Ji werden sich am Donnerstag in Anchorage treffen – weit weg von den beiden Hauptstädten. Die US-Regierung wollte den Eindruck einer freundlichen Begegnung und zeremonieller Szenen vermeiden. Stattdessen organisierte US-Präsident Biden am Ende letzter Woche – sechs Tage vor dem US-chinesischen Treffen in Alaska – einen „Quad“-Gipfel. Bei dem Vierertreffen auf dem Bildschirm kamen die Staatschefs von Australien, Japan, Indien und den USA zusammen. Ihr Hauptthema: China.

Ein konkretes Ergebnis des Treffens ist, dass die vier Länder eine Covid-Impfstoffoffensive in der indopazifischen Region starten. Dabei geht es darum, der chinesischen „Impfstoff-Diplomatie“ in der Region eine eigene entgegenzuhalten.

„Böswillige Attacke“

In einem gemeinsamen Beitrag für die Washington Post erklärten der US-Außenminister und der Pentagon-Chef, Ex-General Lloyd Austin, das Vorgehen der Quad: „Unsere kombinierte Macht macht uns stärker, wenn wir uns gegen Chinas Aggressionen und Bedrohungen wehren müssen.“

Dem Schulterschluss der Quad folgte in dieser Woche Blinkens allererste Überseereise. Sie führte nach Tokio und Seoul. Und sie fand – auch das ein Zeichen für die Entschlossenheit der USA, in der Region politische und militärische Präsenz zu zeigen – in Begleitung des neuen Pentagonchefs statt.

Während der Zivilist und der Militär aus Washington bei Pressekonferenzen das „destabilisierende Verhalten von Peking“, dessen militärisches Auftreten in der Region und dessen Menschenrechtsverletzungen im Inneren kritisierten, wehrte sich der Sprecher des chinesischen Außenministeriums gegen eine „böswillige Attacke“ und eine „Einmischung in die inneren Angelegenheiten Chinas“.

Eine andere scharfe Reaktion kam aus Pjöngjang. Von dort aus warnte Kim Jong Uns einflussreiche Schwester Kim Yo Jong den US-Präsidenten, wenn er in den nächsten vier Jahren ruhig schlafen wolle, solle er nicht mit „Gestank“ beginnen.

Hass und Bewunderung

Biden hatte sich schon in seinem Wahlkampf als bester Kenner des chinesischen Präsidenten Xi Jinping bezeichnet – in der Vergangenheit waren die beiden Männer gleichzeitig Vizepräsidenten. Biden wollte – so seine Ankündigung – eine radikal andere China-Politik machen als sein Amtsvorgänger.

Donald Trumps Haltung zu China changierte zwischen Bewunderung und offenem Hass. „Er ist jetzt Präsident auf Lebenszeit“, sagte Trump anerkennend über Xi Jinping, als China vor zwei Jahren die Begrenzung auf zwei Amtszeiten abschaffte, „und er ist großartig.“ Seit dem Beginn der Pandemie schoss Trump mit dem Stichwort „China-Virus“ scharf.

Die neue US-Regierung hat die von Trump verhängten Strafzölle und Sanktionen nicht aufgehoben. Und öfter als zuvor sind US-Kriegsschiffe vor Chinas Küste aufgetaucht. Nur wenige Tage vor Blinkens Reise durchfuhr zum dritten Mal seit Bidens Amtsantritt ein US-Kriegsschiff die Taiwan-Straße. Die USA bezeichnen das als „Routine“. China nennt es „feindselig“. Gleichzeitig setzte China setzte seine Militärflüge im Luftraum über Taiwan fort.

Schon Barack Obama hatte in seiner Außenpolitik eine „Wende nach Asien“ angekündigt. Wie zahlreiche andere außen- und militärpolitische ExpertInnen in Washington ist auch der Architekt, der jene Politik für Obama und Ex-Außenministerin Hillary Clinton entwickelt hat, Kurt Campbell, heute für Biden tätig. Er hat auch den Vierergipfel mit organisiert.

Neue Grundlagen schaffen

Doch Biden kann nicht nahtlos an Obamas Asienpolitik anknüpfen. In den zurückliegenden vier Jahren waren einerseits die Beziehungen zwischen Washington und Peking stürmischer als zuvor. Andererseits hat China seine Machtposition in der Region ausgebaut und die Modernisierung seines Militärs vorangetrieben.

Auch gegenüber Nordkorea muss Biden zunächst einmal neue Grundlagen schaffen. Trump hatte auf den direkten Kontakt zum Staatschef Kim Jong Un gesetzt, ist dabei jedoch einer atomaren Entwaffnung nicht näher gekommen.

Biden und Blinken erklären, dass sie die Denuklearisierung von Nordkorea erreichen wollen. Doch bislang können sie nur melden, dass Pjöngjang nicht auf Gesprächsangebote eingegangen ist.

China ist der wichtigste und stärkste Geschäftspartner der USA. Zu den Themen, die zwischen den beiden Ländern geklärt werden müssen, gehören die Klimapolitik, der Handel und die Gesundheitspolitik beziehungsweise das gemeinsame Vorgehen gegen künftige Pandemien.

Zugleich will Washington mit China über die Gewalt gegen Uiguren, über Menschenrechtsverletzungen in Tibet und Hongkong und über Aggressionen gegen Taiwan reden. Aber Peking sieht das anders. „Wir sind zwei Länder mit verschiedenen sozialen Systemen“, erklärte Außenminister Wang Yi. „Fairen Wettbewerb“ nennt er gesund. Alles andere sind für ihn Einmischungen.

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