Nach der Parlamentswahl in Bulgarien: Mit Satire gegen Korruption

Stanislaw Trifonow landet in Bulgarien mit seiner Anti-Partei auf Platz zwei. Spott und Populismus werden zur scharfen Waffe gegen Premier Borissow.

Slawi Trifonow im Sessel

Will die politischen Verhältnisse in Bulgarien zum Tanzen bringen: Slawi Trifonow Foto: Handout via reuters

BERLIN taz | Am Tag nach der Parlamentswahl am vergangenen Sonntag war der bulgarische Musiker und TV-Showmaster Stanislaw Trifonow abgetaucht. Er habe Covid-19-Symptome und sich daher in Selbstisolation begeben, verbreitete er über die sozialen Netzwerke. Das sorgte beim Europäischen Journalistenverband für Unmut. Jetzt, da Trifonows Partei „Ima takyw narod“ (So ein Volk gibt es) mit 17,6 Prozent der Stimmen auf Anhieb zur zweitstärksten Kraft wurde, wird sich der 54-Jährige an wachsendes Interesse gewöhnen und damit umgehen müssen.

Auch im Wahlkampf hatte „Slawi“ schon durch Abwesenheit geglänzt. Interviews in den Medien? Debatten mit seinen Kontrahent*innen? Fehlanzeige. Stattdessen lancierte er die populistisch grundierten Botschaften der Partei vor allem über seinen Kabelsender 7/8, der gegen Corona-bedingte Lockdown-Maßnahmen Stimmung gemacht und die Gefahr der Pandemie heruntergespielt hatte.

Dabei ist der Kahlkopf mit gepiercten Ohrläppchen alles andere als publikumsscheu. 1966 wurde er als jüngstes von vier Kindern in der Provinzstadt Plewen geboren und zog Mitte der 80er Jahre in die Hauptstadt Sofia. Dort schloss er das Konservatorium ab. 1990 stieg er mit dem Satireprogramm „Ku-Ku“ beim Fernsehen ein. Kurz darauf gründete Trifonow eine gleichnamige Band, die ihn landesweit bekannt machen sollte. Die Songs im Tschalga-Stil – eine Musikrichtung, die auf dem gesamten Balkan verbreitet ist – verzeichneten auf Youtube Millionen Besuche.

Versteck spielen geht nicht mehr

2000 startete Trifonow sein TV-Programm „Slawis Show“, in dem er sich bevorzugt an den Regierenden abarbeitete. Kritik an den politischen Verhältnissen findet sich auch in seinen Songs wieder. In dem Lied „So eine Nation gibt es nicht“ aus dem Jahre 2013 heißt es: „Erzähl mir nichts von Gesetzen und von der Verfassung. In diesem Land ist alles Prostitution.“

Drei Jahre später machte Trifonow seine ersten Gehversuche in der Politik. Parallel zu der Präsidentschaftswahl initiierte er ein Referendum, in dem sich die Bul­ga­r*in­nen unter anderem zu einer Wahlrechtsänderung und Begrenzung staatlicher Parteienfinanzierung äußern sollten. Wegen zu geringer Beteiligung wurde der Volksentscheid jedoch für ungültig erklärt.

2019 unternahm Trifonow erstmals den Versuch, eine eigene Partei zu gründen. Doch ein Gericht verweigerte die Registrierung, weil für das Logo der Partei die bulgarische Flagge herhalten sollte. Beim nächsten Anlauf hatte er mehr Glück. Anfang 2020 erblickte „So ein Volk gibt es“ das Licht der Welt. Der Zeitpunkt war gut gewählt: Als im Sommer Zehntausende wochenlang gegen Korruption und Vetternwirtschaft auf die Straße gingen, schlug sich auch Slawi auf die Seite der Protestierenden und kritisierte Regierungschef Bojko Borissow.

Auch dafür hat er jetzt die Früchte geerntet. Doch wie weiter? Der Sofioter Analytiker Parwan Simeonow bezeichnet Trifonow als wütenden mittelalten Mann, der die von der Politik Enttäuschten um sich schare. Und dieser Mann muss jetzt liefern. Ergo: Versteck spielen gilt nicht mehr.

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