Helden des Analogkäsekampfes

VERBRAUCHERSCHUTZ Die Bremer Verbraucherzentrale schlägt sich trotz ihrer geringen Größe erfolgreich gegen Großkonzerne. Beim Tag der offenen Tür stellte sie ihr Angebot vor

Die Fachkompetenz der Verbraucherschützer wird von Seiten der Politik kaum abgefragt, sagt Czarnecki

VON ANNA GRAS

Bremen hat die bundesweit kleinste Verbraucherzentrale. Aber die nimmt es immer wieder erfolgreich mit den Großen auf, sei es der Babynahrungshersteller Hipp, der nach einer Klagedrohung irreführende Werbesprüche zurückzog, oder die Energieriesen swb und EWE. Bei einem Tag der offenen Tür präsentierte sich die Bremer Verbraucherzentrale am Mittwoch in frisch renovierten Räumen.

Analogkäse erschmecken, in Internet-Abofallen tappen oder die Frucht erraten, die in rotgefärbten Säften steckt. Mit Selbsttests wurden die BesucherInnen für die Stolpersteine des alltäglichen Konsumlebens umfassend sensibilisiert.

„Einen Namen haben wir uns vor allem mit unserem Engagement gegen die swb gemacht“, sagt die Geschäftsführerin Irmgard Czarnecki. Im Juli hatte die Verbraucherzentrale vor dem Bundesgerichtshof (BGH) erfolgreich gegen Preisanpassungsklauseln in swb-Versorgungsverträgen geklagt. Darin war ein Recht auf Preiserhöhung festgehalten – aber keine Verpflichtung, die Preise zu senken, wenn die Bezugskosten fallen. Diese Klausel, so der BGH, ist unzulässig. „Dieser Erfolg war nicht selbstverständlich, wo wir nur eine halbe Stelle für einen Juristen haben“, sagt Czarnecki.

Energiepreise sind nur eines der Beratungsthemen. „Das Geschäft läuft gut – vor allem seit der Finanzkrise“, sagt sie. 16.000 Gespräche wurden in der Verbraucherzentrale allein 2008 geführt. Davon fast 3.000 zu Rechtsfragen. Der Großteil der VerbraucherInnen kam wegen Problemen mit Telekommunikationsanbietern oder Internetabzocke. „Wir machen im Prinzip das Beschwerdemanagement der Telekom“, so Czarnecki.

Finanziert wird das allerdings zum großen Teil aus Steuergeldern. Eine Million Euro umfasst das Jahresbudget, 14 Stellen für insgesamt 21 MitarbeiterInnen werden damit bezahlt. Das Budget setzt sich zusammen aus Bundes- und Landesmitteln sowie Eigeneinnahmen. 240.000 Euro hat die Verbraucherzentrale 2008 Jahr durch Beratungsgebühren eingenommen.

Wenn es nach Czarnecki ginge, sollte es bei diesem Finanzierungssystem aber nicht bleiben: „Das sollte nach dem Verursacherprinzip laufen“, sagt sie. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat dazu ein Stiftungsmodell vorgeschlagen, das zu einem Drittel aus Abgaben von Anbietern der Energie-, Finanz- und Telekommunikationsbranche finanziert werden soll. „Das würde die Verbraucherzentralen langfristig und grundlegend absichern“, sagt Czarnecki, „bislang müssen wir jährlich um unseren Haushalt verhandeln.“

Die Zeichen von Seiten der Politik stehen nicht allzu schlecht: Czarnecki sieht den Verbraucherschutz seit 2006 gestärkt – zumindest finanziell. Dennoch gibt es Kritik: Auf dem bundesweiten „Verbraucherschutzindex 2008“, den der Bundesverband der Verbraucherzentralen erhebt, belegt Bremen nur Platz 14. Die Arbeit der Verbraucherzentrale schlägt dabei positiv zu Buche. Die mangelnde politische Themensetzung aber zieht Bremen runter. „Zwar haben die meisten Parteien mittlerweile verbraucherpolitische Sprecher“, sagt Czarnecki, „unsere Fachkompetenz wird bei Entscheidungen auf Landesebene aber kaum abgefragt.“ Als die Bürgerschaft etwa zur Finanzkrise debattierte, hätte es keine Anfrage gegeben. „Dabei erfahren wir als Erste, was auf dem Markt passiert.“