Kinder, Kinder – die 21-Uhr-Regel: „Ist das Gesetz oder Empfehlung?“

Die neuen Berliner Coronaregeln bringen den Sohn der Autorin auf viele Fragen – und sie gehörig ins Schwitzen…

Erlaubt: Fuchs ohne Begleitung nach 21 Uhr auf den Straßen Berlins Foto: dpa

BERLIN taz | Jedes Mal, wenn es neue Coronaverordnungen gibt, kommen wir zu Hause ins Schwitzen. Denn wir leben mit einem 9-Jährigen, der es mit Gesetzen und Vorschriften wirklich sehr genau nimmt. Als vor Weihnachten der Lockdown verschärft wurde, forderte er, Cousin und Cousine wieder auszuladen, weil wir sonst zu viele Menschen in der Wohnung gewesen wären (am Ende hatten sie Grippe und kamen sowieso nicht). Als kürzlich FFP2-Masken in Geschäften Pflicht wurden, wartete er lieber frierend vor dem Supermarkt, als mit OP-Maske einzutreten. So war klar, dass es kompliziert werden würde mit der neuen „Ausgangssperre“, von der wir ihm unvorsichtigerweise erzählt hatten.

„Wie, Papa geht heute bei Nick Fußball gucken?“, hieß es prompt am Dienstagnachmittag. „Ist er um 9 wieder da?“ Als der Papa um halb neun noch auf sich warten ließ, wurde er unruhig. „Mama“, fragte er, „ist das eigentlich ein Gesetz, dass man Leute nur noch bis 21 Uhr besuchen darf, oder eine Empfehlung?“ Ich hob zu einem langatmigen Vortrag an über den Unterschied zwischen Gesetzen und Verordnungen. Als das nichts fruchtete, versuchte ich ihn damit zu beruhigen, dass zu spätes Nachhausegehen gewiss keine Straftat sei, höchstens eine Ordnungswidrigkeit, die mit einer Geldstrafe geahndet wird. „Dann muss er nur so 1.000 Euro zahlen?“

Die Auskunft, dass es vermutlich weniger sein würde, besänftigte ihn nur kurz. Blöd ist er ja nicht: Auch eine Geldstrafe ist schließlich eine Strafe – ergo hat man was Verbotenes getan. Also landeten wir dort, wo unsere Diskussionen seit gut einem Jahr immer enden: Ich stottere mir was zusammen von „mündigen Bürgern“, die wir seien, uns also natürlich an alle Gesetze und Verordnungen hielten, ABER uns eben auch zutrauten, selbst zu beurteilen, wann eine kleine Abweichung dem Gemeinwohl nicht zuwiderläuft, bisweilen gar im Sinne einer „höheren Vernunft“ gerechtfertigt scheint. Sprich: Erstens ende die Champions League nun mal nicht rechtzeitig, zweitens dürfe man auch nach 21 Uhr alleine spazieren gehen und drittens verurteile die neue Regel den allein lebenden Nick zu noch mehr Einsamkeit.

So ganz hat das den Sohn nicht überzeugt. Irgendwann wurde er dennoch still und müde, vielleicht auch wegen des Tierfilms, den er schon kannte. Als der Mann gegen 24 Uhr nach Hause kam, war er zwar traurig wegen des BVB, aber auch pupsvergnügt. Erst habe er sich Sorgen gemacht, erzählte er, weil auf den Straßen Nordneuköllns tatsächlich niemand unterwegs gewesen sei. Aber dann sei ihm eine Gruppe von drei Menschen ins Auge gesprungen. „Da dachte ich, wenn jetzt die Polizei kommt, halten sie garantiert die an!“

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