Presseangriffe bei „Querdenker“-Demo: Beschimpft und beworfen

In Stuttgart sollen Steine nach einem SWR-Team geflogen sein. Für Jour­na­lis­t*in­nen sind „Querdenker“-Demos zunehmend bedrohlich.

Demonstrierende in Stuttgart gegenüber einer behelmten Einsatzkraft der Polizei

Damit Sie dieses Foto von Demonstrierenden sehen, ist ein Journalist am Samstag zur Demo gegangen Foto: Björn Kietzmann

Nach Angriffen auf die Presse durch Teilnehmende der „Querdenken“-Demo am Karsamstag in Stuttgart ermittelt die Polizei in drei Fällen. Ein Fernsehteam des SWR wurde offenbar mit Steinen oder anderen harten Gegenständen beworfen, als Reporter Thomas Denzel gerade live auf Sendung war. Auf Anfrage der taz am Montag spricht die Polizei in Stuttgart von einem „bislang nicht genauer identifizierten Gegenstand“. Dieser sei auf einer Videoaufnahme zu sehen, die der Polizei vorliege. Ein „möglicher tatverdächtiger Werfer“ sei noch nicht identifiziert.

Etwa 10.000 Menschen waren dem Aufruf der Gruppierung „Querdenken 711“ gefolgt, gegen die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu demonstrieren. Ein Großteil trug keinen Mund-Nasen-Schutz und hielt die Abstände nicht ein. „Querdenken 711“ ist nach der Stuttgarter Vorwahl „0711“ benannt. Der baden-württembergische Verfassungsschutz sieht verfassungsfeindliche Tendenzen bei der Bewegung und beobachtet sie.

SWR-Reporter Denzel sprach gerade live auf dem ARD-Kanal „tagesschau 24“, als er die Schalte mit den Worten abbrach: “Hier werden jetzt Steine geworfen“. In dem Video sind zuvor „Lügenpresse“-Rufe zu hören. Später konkretisierte der SWR, dass „harte Gegenstände“ nach dem Team geworfen worden seien.

SWR-Chefredakteur Fritz Frey fragt sich am Sonntag offen auf Twitter, ob er Reportagen von „Querdenken“-Demos noch guten Gewissens beauftragen könne. „Können ChefInnen es noch verantworten, ReporterInnen rauszuschicken?“

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„Offensichtliche Untätigkeit der Polizeibeamten“

Nach Angaben der Polizei ist außerdem ein 37-jähriger Mann vorläufig festgenommen worden, der kurz zuvor einen 26-jährigen Journalisten geschlagen haben soll. Der Tatverdächtige habe den Journalisten aus einer vorangegangen Demo in Kassel wiedererkannt, sagte ein Polizeisprecher am Montag. „Der Polizei liegt entsprechendes Filmmaterial vor, auf dem der Mann zu erkennen ist. Wir gehen derzeit von einem konkreten Angriff auf den Journalisten aus.“

Des Weiteren prüft die Polizei den Verdacht, dass die Kamera eines Journalisten von einer Versammlungs­teilnehmerin beschädigt worden sein könnte.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbands (DJV) Frank Überall kritisierte eine „offensichtliche Untätigkeit der Polizeibeamten, die nichts für den Schutz unserer Kolleginnen und Kollegen unternehmen“.

Immer wieder berichten Journalistinnen und Journalisten von einer bedrohlichen Stimmung ihnen gegenüber bei Demonstrationen der „Querdenken“-Richtung. Von Pöbeleien, Verunglimpfungen und Sprechchören gegen die Berichtenden, von Menschengruppen, die sich dicht und ohne Maske an die Me­di­en­ver­­tre­ter*in­nen herandrängen – sowie bisweilen von Angriffen. So berichtete nach der letzten Stuttgarter Coronademo ein freier SWR-Reporter in der taz von Verpackungsmüll, der nach seinem Kameramann geworfen worden sei. Der SWR schickt Re­por­te­r*in­nen nur noch mit Sicherheitsteams zu Demonstrationen und Kundgebungen gegen die Coronamaßnahmen.

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