Verschleierte Gefahren

Gebiete in Sibirien leiden unter extremer Verschmutzung von Luft und Boden. Umweltschützer fordern von russischer Regierung Transparenz über Ausmaß

Russische Umweltschützer fordern von der Regierung in Moskau mehr Transparenz über das wahre Ausmaß der Umweltverschmutzung in Sibirien. „Die russischen Behörden wollen nicht, dass die Menschen die Wahrheit erfahren“, sagte Wladimir Sliwjak von der russischen Organisation Ecodefense der Deutschen Presse-Agentur in Moskau. Hintergrund seiner Kritik sind neue Daten über Luft- und Bodenverschmutzung, die die Akademie der Wissenschaften russischen Medienberichten zufolge zwar vorgestellt hat. Die Video-Präsentation wurde aber bei Youtube später entfernt.

Demnach liegen die meisten russischen Städte mit einer hohen Umweltverschmutzung in Sibirien. Besonders gefährlich lebten die Menschen in der Region rund um die Industriestadt Norilsk im Norden des Landes. In 15 sibirischen Städten sei eine hohe Konzentration von krebserregendem Benzopyren gemessen worden. Die Grenzwerte seien mitunter um ein Vielfaches überschritten worden, hieß es.

Umweltschützer, die schon lange vor den Gefahren warnen, machen vor allem den Kohlebergbau und die Aluminium-Produktion für die Verschmutzung in Sibirien verantwortlich. Deutschland bezieht etwa Kohle aus Sibirien. Der Studie zufolge ist zudem in einigen Regionen der Boden mit Schwermetallen verschmutzt – besonders betroffen seien die Gebiete rund um die Stadt Swirsk am Baikalsee und Norilsk nahe dem Polarmeer. Dort kam es im vergangenen Jahr zu einer Umweltkatastrophe, als mehr als 21.000 Tonnen Dieselöl aus einem Tank ausgelaufen waren.

In dem Gebiet um Sibiriens größte Stadt Nowosibirsk gelten 82 Prozent der Oberflächengewässer als verschmutzt. In der Region um Tomsk seien es 68 Prozent. Diese Daten stuften die Experten Berichten zufolge mit Blick auf die Parlamentswahl in Russland in einem halben Jahr als „Bombe vor den Wahlen“ ein. „Es ist eine Schande, dass sowohl die Regierung als auch die Wissenschaft versucht haben, diese Informationen geheim zu halten“, sagte Umweltschützer Sliwjak. Mehrere Medien hatten die Daten veröffentlicht, bevor das Video nicht mehr abrufbar war. Der Kreml hatte dazu der Agentur Interfax zufolge lediglich erklärt: „Das ist die Entscheidung der Wissenschaftler selbst.“ (dpa)