Prozess zur Tötung von George Floyd: Das Richtige getan

Die damals 17-jährige Darnella Frazier hat die Tötung von George Floyd gefilmt. Jetzt sagt sie im Prozess gegen den Ex-Polizisten Derek Chauvin aus.

Darnella Frazier spricht mit einer Polizistin

Darnella Frazier in ihrer High School im Januar 2019 Foto: David Joles/imago

NEW YORK taz | Als Darnella Frazier an die Ecke Chicago Avenue und 38. Straße kam, bettelte George Floyd bereits um sein Leben. Er lag mit nacktem Oberkörper auf dem Asphalt. Auf seinem Nacken das Knie des weißen Polizisten Derek Chauvin. Die 17-Jährige schritt sofort zur Tat: Sie geleitete ihre 9-jährige Kusine, mit der sie zum Einkaufen gekommen war, in den Supermarkt, „damit sie es nicht sah“. Sie zückte ihr Handy, näherte sich dem Tatort und begann zu filmen.

Sie dokumentierte die letzten Worte und das letzte Röcheln von George Floyd. Den Blick des knienden Polizisten, den sie „kalt und herzlos“ nennt. Das Flehen von Passanten, den 46-jährigen George Floyd nicht zu töten. Und die Drohgebärden der Polizisten ihnen gegenüber. Darnella Frazier schaltete ihr Handy erst ab, als Sanitäter den leblosen Körper von Floyd in einen Krankenwagen hievten. Wenig später stellte sie das Video auf ihre Facebookseite.

Das Video der Gymnasiastin aus Minneapolis ging über Nacht viral. Zigmillionen – vielleicht Hunderte Millionen – Menschen weltweit haben es gesehen. Es lieferte die Bilder einer Tötung, löste monatelange Black-Lives-Matter-Proteste aus und rückte den Ruf nach radikalen Polizeireformen ins Zentrum der US-Politik. Es ist schwer vorstellbar, dass es zu dem Mord-und-Totschlag-Prozess gegen den Ex-Polizisten Chauvin gekommen wäre, wenn Darnella Frazier nicht gefilmt hätte.

Am Dienstag, als die jetzt 18-Jährige als Zeugin vor dem Gericht in Minneapolis steht, beschreibt sie ihre Ängste und schlaflosen Nächte nach der brutalen Szene. „Ich habe George Floyd um Entschuldigung gebeten, weil ich nicht mehr für ihn getan habe und weil ich nicht körperlich eingegriffen habe“, sagt sie. Sie erklärt dem Gericht auch, dass sie an „sozialer Angst“ leidet und deswegen nicht öffentlich reden kann.

„Es hätte einer von ihnen sein können“

Die junge Frau kannte George Floyd nicht. Aber sie sah in ihm ihren Vater, Bruder, Vetter und Onkel. Auch sie sind schwarz: „Es hätte einer von ihnen sein können.“ Während Darnella Fraziers Aussage läuft nur ihre Stimme über den Livestream. Das Gericht hat entschieden, dass ZeugInnen, die zur Tatzeit minderjährig waren, nicht gezeigt werden dürfen. Auch ihr Nachname wird im Gericht nicht genannt.

Die ersten Drohungen spürte Darnella Frazier bereits, als sie am Abend des 25. Mai die brutale Szene filmte und Chauvin und seine Kollegen ihr und anderen Passanten mit der chemischen Keule drohten. Am nächsten Morgen geriet sie ins Visier von Kampagnen in den sozialen Medien. Manche warfen ihr vor, sich hinter dem Handy versteckt zu haben. Andere, dass sie das Rampenlicht suche. Aber es gab auch Tausende, die Darnella Frazier für ihren Mut dankten.

Darnella Frazier meidet die Öffentlichkeit. JournalistInnen sagte sie ab: „Weil ich Zeugin im Prozess sein werde.“ An ihrer Stelle erklärte Anwalt Seth Cobin: „Sie wollte keine Heldin sein. Sie ist eine 17-Jährige, die in die Schule geht, die einen Freund hat, die in einem Einkaufszentrum jobbt und die das Richtige getan hat.“

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