Sanktionen zwischen China und EU: Macht und Moral

Die EU-Sanktionen gegen China kommen spät, sind aber wichtig. Nicht zuletzt für die eigenen Ansprüche der EU.

Hände winken mit Flaggen von China und der Europäischen Union

Moral und Menschenrechte nur Hilfsmittel: Beiden Seiten geht es um Macht Foto: Malte Mueller/imago

Empört hat China auf die von der EU verhängten Sanktionen gegen vier Kader und eine Institution reagiert, die eine Rolle bei der Unterdrückung der muslimischen Uiguren in der Provinz Xinjiang spielen. Postwendend verhängte Peking seinerseits Sanktionen gegen zehn Europäer und vier Institutionen. Das bilaterale Verhältnis hat sich drastisch verschlechert.

An den EU-Sanktionen sind mehrere Punkte bemerkenswert: Erstens ist positiv, dass die EU gegenüber China überhaupt mit einer Stimme spricht und Versuche Pekings, einen Keil in die Union zu treiben, bisher nicht fruchten. Zweitens hat sich die EU mit den Sanktionen auf gemeinsame Standards, Werte und Interessen verständigt und nimmt ihren Anspruch, Menschenrechte zu schützen, damit ernster. Denn drittens ist richtig, dass Europa signalisiert, dass mit der mutmaßlichen Lagerhaft von rund einer Million Uigur:in­nen eine Grenze überschritten wurde, die allen Menschenrechtsdeklarationen Hohn spricht.

Viertens werden die Sanktionen die Lage der Ui­gu­r:in­nen zunächst nicht verbessern, sondern ihnen nur moralisch Beistand leisten. Fünftens kommen die Sanktionen sehr spät und sind nicht konsistent, wenn man bedenkt, dass die EU beim im Dezember mit Peking vereinbarten Investitionsschutzabkommen die Zwangsarbeit von Uiguren nicht thematisiert hat. Mit Volkswagen hat zudem ein Konzern mit deutscher Staatsbeteiligung in Xinjiang investiert, wo die Menschenrechtsprobleme lange bekannt sind.

Umgekehrt sind Chinas Vergeltungssanktionen jetzt auch deshalb härter als die europäischen, weil Peking sich zugleich mit Kritik und Sanktionen anderer Staaten konfrontiert sieht – von den USA und Kanada bis zu Australien und Neuseeland. Chinas Führung meint, sich von westlichen Ländern, die für Chinas koloniale Demütigungen verantwortlich waren, nichts mehr sagen lassen zu müssen. Das Ergebnis sind Arroganz und Härte, was die eigenen Ansprüche verhöhnt. Beiden Seiten geht es letztlich um Macht und Interessen. Moral und Menschenrechte sind dabei nur Hilfsmittel.

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Asienredakteur seit 1997, studierte Politologie in Berlin und Communication for Development in Malmö. Organisiert taz-Reisen in die Zivilgesellschaft, Workshops mit JournalistInnen aus Südostasien und Han Sens ASIENTALK. Herausgeber der Editionen Le Monde diplomatique zu Südostasien (2023), China (2018, 2007), Afghanistan (2015) und Indien (2010). Schreibt manchmal auch über Segeln. www.fb.com/HanSensAsientalk @SHansenBerlin

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