Neue Beziehungen auf alten Routen

Obwohl der Markt in Namibia klein ist, reiste 2018 eine große Delegation aus Bremen an, um den Handel in Schwung zu bringen. Seitdem passiert wenig

2019, vor Corona, wurden Waren im Gesamtwert von 14,7 Millionen Euro zwischen Bremen und Namibia umgeschlagen, zumeist Futtermittel und Maschinen

Von Jan Zier

Dass Bremen gerade mit dem Port of Lüderitz Handel treiben will, historisch betrachtet ist das natürlich naheliegend. Der Kolonialist Adolf Lüderitz, der aufgrund seiner Betrügereien beim Landerwerb in Afrika „Lügenfritz“ genannt wurde und der ein Bremer Kaufmann war, ist Namensgeber für den Hafen. Und außerdem hat Namibia ohnehin nur zwei große Seehäfen.

In dem anderen – er heißt Walvis Bay und ist der einzige richtige Tiefseehafen des Landes – war 2018 eine 60-köpfige Delegation aus Bremen, Oldenburg und dem Elbe-Weser-Raum zu Besuch, mit dem Chef der Bremer Handelskammer an der Spitze und dem örtlichen SPD-Bürgermeister, der damals noch Carsten Sieling hieß. Verträge wurden damals zwar keine geschlossen, in Bremen war man mit den Ergebnissen der Reise aber trotzdem zufrieden. „Es ging darum, alte Kontakte aufzufrischen und neue zu knüpfen“, ließ sich Sieling hinterher zitieren.

Als vielversprechend galt damals ein Gespräch mit der Hafengesellschaft Namport in besagtem Walvis Bay. „Das Angebot, ihr in Bremen gratis ein Büro zu überlassen, um eine Zusammenarbeit aufzubauen, sei auf starkes Interesse gestoßen“, berichtete der Weser ­Kurier. Namport wolle in Europa „Präsenz zeigen“ und sei auch mit Hamburg im Gespräch. Dann hat die Delegation noch vor dem Stadtmusikanten-Denkmal posiert, das irgendwo an einer staubigen Landstraße bei Windhoek steht.

Bis heute sei das Gratis-Büro noch nicht eingerichtet, räumt das Häfenressort ein. „Die Pläne sind aber nach wie vor aktuell“, sagt die bremische Hafengesellschaft Bremenports. Ver­tre­te­r:in­nen von Namport seien vor einiger Zeit auch in Bremen gewesen, dann kam Corona, und nun habe man „ein konkretes Angebot übermittelt“, sagt der Sprecher von Bremenports. Einen konkreten Zeitpunkt für eine Umsetzung dieser Pläne gebe es allerdings nicht.

Immerhin wurde Bremenports jüngst von der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit beauftragt, eine Studie zum Trainings- und Weiterbildungsbedarf für die namibische Eisenbahn Trans-Namib Railways zu erstellen. Auch ein Ausbildungsgang für ­Logistikfachkräfte wurde mit Hilfe aus Bremen auf den Weg gebracht. 2020 starteten 20 Auszubildende im südafrikanischen Johannesburg, auch in Bremens Partnerstadt Durban soll das Projekt expandieren, später vielleicht auch nach Namibia. In den Siebzigern wurde aus Bremen zunächst die namibische Freiheitsbewegung unterstützt, nach der Unabhängigkeit 1990 unterzeichnete man eine gemeinsame Erklärung über kulturelle Zusammenarbeit. 2000 kam eine Vereinbarung über nachhaltige Stadtentwicklung dazu.

Als Markt allein betrachtet ist Namibia mit rund 2,3 Millionen Ein­woh­ne­r:in­nen ja eher klein. 2019 seien Waren im Gesamtwert von 14,7 Millionen Euro zwischen Bremen und Namibia umgeschlagen worden, sagt die Handelskammer. Meist werden Nahrungs- und Futtermittel sowie Maschinen gehandelt. Ein Großteil des Handels wird aber ohnehin über das benachbarte Südafrika abgewickelt.

Warum forciert Bremen dann gerade das Geschäft mit Namibia? Ob das etwas mit Wiedergutmachung zu tun hat, wo doch Bremer Kaufmänner seinerzeit maßgeblich daran beteiligt waren, dass dort eine deutsche Kolonie entstand? In der Handelskammer sieht man das weniger politisch: „Namibia ist nach unserem Dafürhalten ein wirtschaftlich eng verflochtener Partner im südlichen Afrika“, sagt ein Sprecher – neben Südafrika zählen dazu Botswana, Simbabwe, Sambia und Mosambik.