Schrittweiser Ausstieg aus dem Lockdown: Was sich jetzt ändert

Geschäfte werden bald öffnen, Schnelltests angewandt. Auch über 65-Jährige sollen mit AstraZeneca geimpft werden. Ein Überblick.

Eine Frau mit Atemschutzmaske und blauem Latexhandschuh hält ein AstraZeneca Fläschen nach vorne

Wirkt auch bei über 65-Jährigen: AstraZeneca-Impfstoff gegen Corona Foto: Michael Matthey/imago

Im Beschlusspapier der Ministerpräsidentenkonferenz war noch zaghaft angedeutet, dass von der Ständigen Impfkommission (Stiko) eine baldige Empfehlung des AstraZeneca-Impfstoffs auch für Menschen ab 65 erwartet werde. Kaum 12 Stunden nach Ende der Konferenz war es dann schon soweit: Aufgrund positiver Studienergebnisse aus Großbritannien, wo der Impfstoff immer schon auch an Ältere verimpft wird, hob die Stiko die Altersbegrenzung auf. Zudem wird empfohlen, das Intervall zwischen erster und zweiter Impfung auf 12 Wochen zu verlängern.

Das ändert vieles: Unter den laut Impfverordnung zuerst zu Impfenden sind vor allem ältere Menschen. Weil bisher aber nicht klar war, ob AstraZeneca bei denen überhaupt wirkt, wurden sie vorerst nur mit anderen Stoffen geimpft. Damit der schon bestellte AstraZeneca-Impfstoff wiederum nicht herumliegt, wurde in nahezu allen Bundesländern begonnen, auch unter 65-Jährige aus der Priorisierungsgruppe 2 zu impfen.

Je nach Bundesland kommen vorerst nur bestimmte Berufsgruppen wie Lehrer*innen, Erzieher*innen, Po­li­zis­t*in­nen oder auch die besonders gefährdeten Menschen mit Vorerkrankungen und Behinderungen sowie Kontaktpersonen von Schwangeren und Pflegebedürftigen zum Zug. Wenn nun der Impfstoff von AstraZeneca an alle Menschen über 65 abgegeben werden kann, wäre wieder die erste Priorisierungsgruppe dran.

Impfungen bei Haus­ärz­t*in­nen

Genaueres wird der Impfverordnung zu entnehmen sein, die nach den Beschlüssen vom Mittwoch und den aktuellen Ereignissen überarbeitet wird und deren Veröffentlichung für nächste Woche erwartet wird. Darin werden noch mehr Neuerungen enthalten sein: Die in einigen Ländern bereits modellhaft begonnene Impfung durch Haus­ärz­t*in­nen soll „einen festen Rahmen“ erhalten. Ungeregelt waren bisher die Vergütung und Belieferung der Ärz­t*in­nen sowie die Meldung und Abrechnung der durchgeführten Impfungen.

Es sollen dann auch die Haus­ärz­t*in­nen sein, die die Impfberechtigung prüfen. Das dürfte vor allem den Zugang der Menschen mit Vorerkrankungen und Behinderungen zur lang ersehnten Immunisierung erleichtern. In die flächendeckenden Impfungen sollen Haus­ärz­t*in­nen ebenso wie Be­triebs­ärz­t*in­nen allerdings erst ab Ende März oder Anfang April eingebunden werden.

Um das Impftempo zu beschleunigen, wurde Mittwochnacht außerdem beschlossen, die für die Zweitimpfung zurückgehaltenen Dosen deutlich zu reduzieren und die zulässigen Intervalle zwischen erster und zweiter Impfung auszuschöpfen.

Bislang wurden rund 11,5 Millionen Impfdosen nach Deutschland geliefert und 6,8 Millionen verimpft. Das entspricht bei den Erstimpfungen einer Impfquote von 5,5 Prozent der Gesamtbevölkerung, bei den Zweitimpfungen 2,7 Prozent. Bis Anfang April werden weitere 7,8 Millionen Impfdosen erwartet.

Nur ein kostenloser Test pro Woche

Ab kommendem Montag können sich alle Bür­ge­r:in­nen einmal pro Woche kostenfrei auf Corona testen lassen. Darauf haben sich die Mi­nis­ter­prä­si­den­t:in­nen und die Kanzlerin am Mittwoch geeinigt. Die Tests sollen dabei helfen, die beschlossenen Öffnungsschritte abzusichern. Sie könnten, so betonte Bundeskanzlerin Merkel am Mittwoch, mehr Sicherheit für Kontakte geben.

Die Schnelltests werden von geschultem Personal vor Ort, etwa in Testzentren, Apotheken und Arztpraxen, durchgeführt. Die Kosten übernimmt der Bund, die Umsetzung liegt bei den Ländern und Kommunen. Im Vorfeld der Ministerpräsidentenkonferenz waren zunächst noch zwei kostenfreie Tests pro Woche im Gespräch. Doch auch mit der nun reduzierten Testzahl könnte es bis April dauern, bis die Schnelltests flächendeckend verfügbar sind.

Schneller gehen könnte es derweil mit den Selbsttests: Der Discounter Aldi kündigte an, diese bereits am Samstag anzubieten. Andere Händler, etwa Drogerien, wollen in der kommenden Woche nachziehen. Die ersten Selbsttests waren in der vergangenen Woche zugelassen worden. Anders als bei den bisherigen Schnelltests ist nur ein Abstrich im vorderen Nasenraum nötig, sodass diese auch von Laien durchgeführt werden können.

Ein negativer Schnell- oder Selbsttest soll künftig bei bestimmten körpernahen Dienstleistungen erforderlich sein, später bei bestimmten Inzidenzen auch für Kino-, Theater- und Restaurantbesuche. Fraglich ist im Falle der Selbsttests allerdings, wie sichergestellt werden soll, dass er korrekt durchgeführt und tagesaktuell ist. Der Geschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, kritisierte die Teststrategie in der Rheinischen Post als zu unkonkret. Insbesondere bei den Selbsttests blieben viele Fragen offen.

Shoppen ist ab nächster Woche möglich

Bund und Länder haben grundsätzlich eine Verlängerung des Lockdowns bis zum 28. März beschlossen. Doch tatsächlich dürften trotz anhaltend hoher Inzidenzen schon ab kommendem Montag die Innenstädte und Shoppingmalls in vielen Teilen Deutschlands wieder voll sein.

Der Bund-Länder-Beschluss sieht vor, dass bei einer 7-Tage-Inzidenz von unter 50 der Einzelhandel mit einer Begrenzung von einer Kundin oder einem Kunden pro 10 Quadratmeter wieder öffnen kann.

Beim vorherigen Bund-Länder-Gipfel war noch vereinbart worden, diese Regelung erst bei einer Inzidenz von unter 35 zuzulassen.

Diese Verschiebung der unteren Lockerungsinzidenz hat ganz massive Auswirkungen – zumal der Beschluss es den Bundesländern freistellt, ob für die Öffnung von Geschäften die landesweiten oder die regionalen 7-Tage-Werte gelten sollen. Eine Inzidenz von unter 35 haben aktuell 51 Kreise, eine Inzidenz von unter 50 haben 153, also dreimal so viele.

Der Wirrwarr der Öffnungsregelungen ist komplett: Mit einer 7-Tage-Inzidenz von 47,4 am Donnerstag hat etwa Schleswig-Holstein beschlossen, dass der Einzelhandel ab Montag im ganzen Bundesland öffnen darf. Mecklenburg-Vorpommern will laut Nordkurier ebenso verfahren – allerdings bei einer landesweiten Inzidenz von deutlich höheren 72,7. Von einheitlichen Regeln ist Deutschland also weit entfernt.

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