„Antifa gab’s vorher schon“

Ein Gedenkspaziergang zum Altonaer Blutsonntag

■ 83, in Hamburg geboren, klärt als Zeitzeugin Kinder und Jugendliche über die Geschichte des Nationalsozialismus auf.

taz: Frau Kosemund, gehören Sie zur Antifa?

Antje Kosemund: Ich gehöre seit 40 Jahren zur Antifa. Das ergibt sich schon aus meiner Familiengeschichte – mein Onkel ist von den Nazis ermordet worden, meine Schwester ist ein Opfer der Euthanasie.

Am 17. Juli 1932 starben 18 Menschen auf der Straße. Ein Anlass, 80 Jahre Antifa zu feiern?

Wir gedenken der Kommunisten, die in Folge des Blutsonntags hingerichtet wurden, den ersten Justizopfern der Nazis. Antifa gab’s ja vorher schon. Mein Vater gehörte seit 1931 dem antifaschistischen Kampfbund Barmbek-Süd an.

Heute gibt es einen breiten gesellschaftlichen Konsens gegen Rechts.

Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Konsens wirklich so breit ist. Natürlich gibt es viele junge Leute, die gegen Rechts sind. Ich warte aber darauf, dass die Menschen aufwachen. Die Nazivergangenheit ist noch überhaupt nicht aufgearbeitet.

Müsste die Antifa nicht in der Mitte der Gesellschaft ankommen, um die Leute wach zu rütteln?

Das liegt nicht an uns, sondern daran, wie wir als Antifa dargestellt werden: Antifa ist KPD, das sind alles böse Kommunisten. Dabei haben wir SPDler und Christen, die verschiedensten Leute.  INTERVIEW: MORITZ KOHL

„80 Jahre Altonaer Blutsonntag – 80 Jahre antifaschistischer Widerstand“: 18 Uhr, August-Lütgens-Park, Hospitalstraße