Energie-Aktivisten im Blick

UMWELTSCHUTZ Organisatoren des Lausitzer Klimacamps werfen der Polizei Einschüchterungsversuche vor. Mehr als 300 Teilnehmer erwartet

Eine übliche Methode der Stasi in der DDR ging so: Kurz vor dem Kirchentag mal eben bei den Mitgliedern der Vorbereitungsgruppe „Umwelt“ vorbeischauen. Damit wollte die Staatsmacht ausdrücken: „Wir haben euch und eure subversiven Aktionen im Blick.“ Offenbar sind diese Vorgehensweisen noch nicht Vergangenheit: Wie am Montag bekannt wurde, besuchte die Polizei in der vergangenen Woche zwei Familien im brandenburgischen Jänschwalde, die das Lausitzer Klimacamp vom 11. bis 19. August unterstützen. „Die Polizei konnte keine juristisch stichhaltigen Gründe für ihr Vorgehen vortragen“, erklärte Christina Eichberger von der Vorbereitungsgruppe Lausitzcamp.

In Jänschwalde steht das zweitgrößte Braunkohlekraftwerk Deutschlands, Brandenburg hat wegen seiner Braunkohleverstromung einen deutlich höheren Treibhausgas-Ausstoß als die USA: 26 Tonnen pro Kopf und Jahr. Und trotz Energiewende und ausgerufenem Klimaschutz soll das so weitergehen.

Dagegen regt sich zunehmend Widerstand und der – so der Vorwurf der Vorbereitungsgruppe – solle durch Aktionen wie jene vergangene Woche unterbunden werden. „Dass Menschen eingeschüchtert werden sollen, nur weil sie politisch Aktive beherbergen, erinnert an dunkle Zeiten der Geschichte“, sagte Eichberger der taz. Zumal sich die Polizei Vattenfall zum Büttel von Vattenfall mache: „Die Beamten begründeten ihre Hausbesuche damit, dass ‚das Kraftwerk besorgt‘ sei“. Vattenfall befürchte „Störungen“ durch den Anti-Kohle-Protest, hätte ein Polizist als Begründung für den Hausbesuch angegeben.

Zum Klimacamp nach Jänschwalde waren im vergangenen Jahr 250 Anti-Kohle-Aktivisten angereist. Sie hatten damals in Potsdam und Cottbus Büros der SPD und Linkspartei besetzt. Zum Abschluss des Camps waren etwa 300 Demonstranten durch Cottbus gezogen. Christina Eichberger geht in diesem Jahr von einer größeren Beteiligung aus. „Das liegt am nun beschlossenen CCS-Gesetz.“ Die unterirdische Endlagerung von Kohlendioxid, die von der Landesregierung vorangetrieben werde, haben den Protest verstärkt. Vattenfall betreibt am Standort „Schwarze Pumpe“ bereits eine CCS-Pilotanlage, in Jänschwalde soll nun ein Demonstrationskraftwerk folgen. Die Treibhausgase sollen dabei abgetrennt und unterirdisch verpresst werden.

Die Polizei bestätigte zwei Hausbesuche und sprach von „ganz normaler polizeilicher Arbeit“. Ines Filohn, Sprecherin der Polizeidirektion Süd in Cottbus, sagte der taz: „In einem Fall hat sich die Person im Internet als Organisator des Klimacamps dargestellt.“ Die Beamten hätten ihn auf seine Pflichten hingewiesen, „etwa die Sanitärauflagen“. Der zweite Hausbesuch habe sich als Irrtum erwiesen. Die Sprecherin: „Die Person erklärte, mit Vattenfall sogar Geschäfte zu machen.“ NICK REIMER