Tourismus in der Krise: Reisen wir bald nachhaltiger?

Die Pandemie hat den Tourismus lahmgelegt. Viele fordern einen ökologischen Neustart. Die Internationale Tourismusbörse setzt auf Umweltbewusstsein.

Man sieht einen Menschen im Meer schwimmen

Pandemiebedingte Leere: Ein einsamer Schwimmer auf der thailändischen Insel Koh Chang Foto: Jorge Silva/reuters

BERLIN taz | Der Deutsche Reiseverband (DRV) ist überzeugt, dass der Tourismus nach der Pandemie umweltbewusster wird. „Nachhaltiges Reisen war schon vor der Coronakrise Trend, immer mehr Leute wollen in nachhaltig zertifizierten Hotels übernachten und achten darauf, dass nicht nur der Reiseveranstalter profitiert, sondern auch die Leute vor Ort“, sagt Kerstin Heinen vom DRV zur taz. Gleichzeitig betont sie, dass der Tourismus trotz seiner CO2-Emissionen gebraucht werde: „Die Menschen, die vom Tourismus leben, wissen gerade nicht, wie sie ihre Familien ernähren sollen.“

Am Dienstag startete die weltweitgrößte Internationale Tourismusbörse (ITB) – zum ersten Mal online und nur für das Fachpublikum. Das Bedürfnis nach Reisen war wohl noch nie so groß wie jetzt. Vor knapp einem Jahr, hat das Auswärtige Amt wegen der Coronapandemie eine weltweite Reisewarnung für Urlaubsreisen ausgesprochen.

Wann man wieder problemlos in den Urlaub fahren kann, ist trotz der in den nächsten Wochen zunehmenden Impfstofflieferungen ungewiss. Genauso wenig ist klar, wie es nach der Pandemie weitergeht – ob die Reisebranche die Krise nutzt, um den Tourismus neu zu denken und nachhaltiger zu gestalten. Oder ob sie an ihren klimaschädlichen Geschäftsmodellen festhält und weitermacht wie bisher.

Die Welttourismusorganisation UNWTO fordert ein „nachhaltigeres Tourismusmodell, das auf sozialer Inklusion und der Wiederherstellung und dem Schutz der Umwelt basiert“. Die Widerstandsfähigkeit der Reisebranche hänge von der Fähigkeit ab, die Bedürfnisse der Menschen und des Planeten in Einklang zu bringen, heißt es in einem UNWTO-Bericht. Hoffnung gibt das Programm der diesjährigen ITB mit dem Motto „Rethink, Regenerate, Restart – Tourism for a Better Normal“. Viele Diskussionsrunden der ITB drehen sich um die Frage, wie ein nachhaltiger Neustart gelingen kann.

Länder im globalen Süden abhängig vom Tourismus

„Mehr als 100 Millionen Menschen weltweit haben ihre oft prekären Jobs in Restaurants und Hotels verloren“, sagt Antje Monshausen, Tourismusexpertin bei „Brot für die Welt“. Viele Länder im globalen Süden seien immens vom internationalen Tourismus abhängig, zum Beispiel die Malediven, Kambodscha, Thailand oder die Karibik. Diese Länder könnten sich ein „Weiter so“ nicht leisten, sagt Monshausen. „Eben weil der Tourismus ein wichtiges Standbein ihrer wirtschaftlichen Entwicklung ist, sollte die einheimische Bevölkerung stärker vom Tourismus profitieren, ohne dass ihre Lebensräume zerstört werden.“

Nach wie vor seien die Gewinne des Tourismus sehr ungleich verteilt, kritisiert Monshausen. Das meiste Geld, das ein Deutscher für eine Fernreise ausgebe, komme nicht bei den Leuten vor Ort an. Lebensmittel für das Buffet zum Beispiel würden oft importiert. „Viele Hotels haben außerdem eigene Fahrer und Boote, sodass die Taxifahrer oder Bootsbesitzer vor Ort keinen Zugang zu den Gästen haben.“

Monshausen fordert die Regierung dazu auf, Subventionen für den Flugverkehr abzubauen. Die Bevölkerung im globalen Süden leide besonders stark unter der Erderwärmung. Darüber hinaus sollten Reiseveranstalter den Klimafußabdruck einer jeden Reise transparent machen. „Die Kun­d*in­nen müssen mehr für die klimaschädlichen Folgen des Reisens sensibilisiert werden.“

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