Von Storch und Pazderski kandidieren: AfD jetzt offiziell Altpartei

Aus alt mach neu: Von Storch und Pazderski kandidieren gemeinsam für den Vorstand der AfD Berlin. Gegen den Exil-Parteitag formiert sich Protest.

Von Storch und Pazderski auf einem Parteitag im Mai 2019, Pazderski spricht mit von Storch, die trinkt aus einem Pappbecher

Hecken was aus: Beatrix von Storch (rechts) und Georg Pazderski (noch weiter rechts) Foto: Christoph Soeder/dpa

BERLIN taz | Die Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch und der Frak­tionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus Georg Pazderski kandidieren gemeinsam für den Landesvorsitz der AfD Berlin. Das gab die Rechtsaußen-Partei am Donnerstag per Pressemitteilung bekannt. Die beiden könnten damit am für den 13. und 14. März geplanten Parteitag im Landkreis Havelland voraussichtlich den Notvorstand Nicolaus Fest beerben. Dieser hatte zuletzt angekündigt, als Europaabgeordneter für dieses Amt nicht mehr zur Verfügung stehen zu wollen. Zuvor hatte Fest noch davon gesprochen, künftig den offiziell aufgelösten rechtsextremen Flügel stärker einbinden zu wollen.

Von Storch und Pazderski waren bereits 2016 und 2017 Landesvorsitzende der Berliner AfD. Damals hatten sie sich mithilfe des Flügels und Wahlbetrug gegen die vergleichsweise gemäßigten Lucke-Befürworter per Wahlbetrug an die Macht gerechtsruckt. Mittlerweile inszeniert sich Pazderski hingegen selbst als gemäßigt. Innerparteilich ist der ehemalige Bundeswehroberst dabei höchst umstritten. In seiner Fraktion wurde der 69-Jährige aufgrund seines autoritären Führungsstils immer wieder scharf kritisiert. Pazderski will dennoch als Spitzenkandidat für das Abgeordnetenhaus antreten.

Beatrix von Storch ist stellvertretende Bundessprecherin der AfD und gilt als Lobbyistin der neuen Rechten. Sie betreibt zusammen mit ihrem Ehemann Sven von Storch diverse rechte Plattformen und vertritt neben dem Schießbefehl gegen Flüchtlinge an der Grenze ultrakonservative Positionen zu Familie und Geschlecht und nahm etwa 2019 am antifeministischen „Marsch fürs Leben“ teil. Die 49-Jährige gilt als erzkonservative radikalchristliche Reaktionärin, deren Äußerungen dabei anschlussfähig bis zum äußersten rechten Rand sind.

Engagement in rechten Parteien ist dabei bei von Storch Familientradition: Die geborene Herzogin von Oldenburg ist Enkelin des SA-Standartenführers Nikolaus von Oldenburg sowie von Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk, der unter Hitler Reichsfinanzminister war und als Kriegsverbrecher zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde. Ihre Familie wollte sich im Vernichtungskrieg der Nazis bereichern.

AfD muss nach Jottwede

Die Wahl eines neuen Vorstands in der Berliner AfD ist überfällig: Seit Mai 2019 hat die Berliner AfD keinen Parteitag mehr veranstaltet. Deswegen sind vorerst nur überfällige Wahlen zum Landesvorstand und -schiedsgericht geplant. Unter Nicolaus Fest agierte zuletzt bereits der vierte Notvorstand.

Einstufung Am Mittwoch wurde die AfD bundesweit vom Verfassungsschutz als rechtsextremer Verdachtsfall eingestuft. Die Berliner AfD hatte noch mit einem vom Berliner Geheimdienst durchgesteckten Gefälligkeitsgutachten versucht, eine verschärfte Einstufung abzuwenden. Der laut Innenverwaltung unfertige Zwischenbericht ließ dabei vieles unter den Tisch fallen.

Skandale Während der letzten Legislaturperiode schloss die AfD Rechtsextreme immer erst nach bekannt gewordenen Ausfällen und öffentlichem Druck aus. Beispiele aus der AfD-Fraktion: Andreas Wild (Nazi-Kornblume am Revers, mittlerweile Parteiausschluss), Kay Nerstheimer (Volksverhetzung, zur NPD übergelaufen), Jessica Bießmann (Hitler-Wein, noch Mitglied). (gjo)

Nach erfolgreichen Gegenprotesten, Absagen, Corona und Brandschutzproblemen in Berlin geht der Landesverband der AfD jetzt nach Jottwede: Sie plant ihren Parteitag im „MAFZ“ in Paaren im Glien, wie mittlerweile der Landkreis Havelland bestätigte. Es handelt sich um ein landwirtschaftliches Messegelände namens Erlebnispark Paaren, das mehrheitlich in kommunalem Besitz ist.

Statt wie bisher einen direktdemokratischen Mitgliederparteitag plant die AfD einen Delegiertenparteitag für 250 von den Bezirksverbänden gewählte AfDler:innen. Auch an dieser Form hatte es parteiintern Kritik gegeben: Geg­ne­r:in­nen hatten der Berliner Parteispitze, zu der neben von Storch auch Pazderski und Fest zählen, vorgeworfen, ihre absehbaren Kandidaturen so ohne große Widerstände durchzubringen – Mitgliederparteitage besitzen bei der AfD demgegenüber eine Eigendynamik, wie nicht zuletzt der Parteitag 2016 bewies, bei dem Pazderski und von Storch den Lucke-Unterstützer Günter Brinker in einer abgekarteten Wahl überrumpelten.

Ein ruhiger Parteitag steht dennoch nicht an: Gegenprotest formiert sich nämlich auch in Brandenburg. Sowohl das Berliner Bündnis „Kein Raum der AfD“ als auch das lokale „Bündnis gegen Rechts Falkensee“ organisieren zusammen mit der lokalen SPD, den Grünen und der Linken Protest. Die Berliner Initiative verkauft sogar Bus­tickets zum Parteitag.

Uwe Abel, Bündnis gegen Rechts Falkensee

„Wir wollen kein Hass-Spreading“

Das Bündnis gegen Rechts Falkensee kritisiert vor allem, dass der Landkreis die AfD in dem kommunalen MAFZ unterkommen ließ. Uwe Abel vom Bündnis sagt: „Es kann nicht sein, dass das Havelland zum Hotspot für eine antidemokratische und rassistische Partei wird, die es offenbar auch noch leicht hat, bei uns Räume zu finden. Das sorgt in weiten Teilen der Bevölkerung für Unverständnis“, so der 56-Jährige. Er hätte vom zuständigen CDU-Landrat Roger Lewandowski erwartet, dass sie die Räume nicht zur Verfügung stellen, und befürchte, dass die AfD jetzt häufiger Veranstaltungen im Nordwesten Berlins plane. „Wir wollen kein Hass-Spreading im Havelland“, sagt Abel.

Beim Berliner Bündnis sieht man das ähnlich. In einem polemischen Aufruf zu einer „Wut-Demonstration“ heißt es: „Die Berliner AfD ist nun mal die Berliner AfD, und damit ein Berliner Problem.“ Deswegen müsse man dort gegen die gerade vom Verfassungsschutz bundesweit als rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestufte Partei demonstrieren.

Der zuständige CDU-Landrat Roger Lewandowski wollte mit der taz nicht sprechen. Der Landkreis antwortete allerdings schriftlich, dass die MAFZ regelmäßig an verschiedene Parteien vermiete, eine Ungleichbehandlung verbiete sich und sei rechtlich nicht haltbar.

Die Veranstaltung habe eine Ausnahmegenehmigung des Gesundheitsamtes für maximal 300 Personen. Eigentlich sind in Brandenburg wegen Corona derzeit nur 50 Personen in geschlossenen Räumen zulässig. Für Parteien lassen sich Ausnahmen beantragen. Die AfD, deren Mitglieder sich auch gerne auf verschwörungsideologischen Querdenker-Demos herumtreiben, hätten ein Hygienekonzept eingereicht.

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