CumEx-Skandal weitet sich aus: Involviert oder nur informiert?

Kommende Woche startet der Cum-Ex-Ausschuss. Dokumente beweisen: Peter Tschentscher war mit dem Steuerstreit um die Warburg-Millionen aktiv befasst

Peter Tschentscher hinter Redner-Pult

In Schieflage geraten: Bürgermeister und Ex-Finanzsenator Peter Tschentscher muss sich erklären Foto: Axel Heimken/dpa

HAMBURG taz | Peter Tschentscher meint mit der Aussage wohl auch sich selbst: „Die Unterstellung, hier hätten Politiker Einfluss genommen auf die Entscheidung von Finanzämtern, die kann ich ganz eindeutig zurückweisen“, betonte der Bürgermeister schon vor knapp einem Jahr – und dementierte damit, dass Ex-Bürgermeister Olaf Scholz oder gar er selber in seiner Zeit als Finanzsenator darauf gedrängt hätten, der Hamburger Warburg-Bank 47 Millionen Euro Steuerschulden zu erlassen.

Nun tauchen, kurz bevor der Untersuchungsausschuss zu dem Warburg-Deal am 12. März die inhaltliche Arbeit aufnimmt, Dokumente auf, die belegen, dass Tschentscher stärker in die Angelegenheit involviert war als bislang bekannt.

Die Causa Warburg begann Anfang 2016, als die Staatsanwaltschaft die Geschäftsräume der Bankzentrale durchsuchen ließ, aufgrund des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung. Wenig später informierten die Ermittler und das Bundesfinanzministerium die Hamburger Finanzbehörde darüber, dass sich Warburg durch sogenannte Cum-Ex-Geschäfte rechtswidrig um 47 Millionen Steuer-Euro bereichert habe. Das war kurz bevor, eine mögliche Nachforderung Ende 2016 zu verjähren drohte.

Bislang bekannt ist, dass die von Tschentscher damals geleitete Finanzbehörde im November 2016 auf eine Steuerrückzahlung von Warburg verzichtete, obwohl das zuständige Finanzamt den Millionenbetrag einfordern wollte. Die mit dem Fall betraute Finanzbeamtin hatte noch im Oktober in einem 28-seitigen Papier kenntnisreich begründet, warum die Steuerforderung an Warburg rechtmäßig sei. Sie konnte dabei auf rechtskräftige Entscheidung des Finanzgerichts Hessen bei einem ähnlich gelagerten Fall verweisen.

Doch am 17. November 2016 gab es nach einem Treffen von Mit­ar­bei­te­r*in­nen des Finanzamtes und der das Amt kontrollierenden Finanzbehörde eine überraschende Kehrtwende. Die Runde beschloss, die Forderung in die Verjährung gehen zu lassen, auf die Millionen also zu verzichten. Tschentschers Finanzbehörde bremste so das ihr unterstellte Finanzamt aus.

Causa Warburg wird Chefsache

Kurz zuvor – im Oktober – hatte Warburg-Miteigner Christian Olearius versucht bei einem Kamingespräch mit Bürgermeister Scholz, diesem ein Papier anzudienen, in dem er nicht nur die Rechtmäßigkeit der Steuerforderung bestritt, sondern auch unverhohlen damit drohte, die Bank könne in die Insolvenz gehen, wenn sie die Steuern bezahlen müsse. Scholz will nach eigener Aussage Olearius auf den Dienstweg verwiesen haben – Finanzamt und Finanzbehörde.

Hier landete der Olearius-Bettelbrief nach Recherchen des Manager Magazins am 9. November 2016 – eine Woche vor der Kehrtwende – auf dem Schreibtisch von Tschentscher, der das Papier las, abzeichnete und mit der handschriftlichen Notiz „Bitte um Informationen zum Sachstand“ versah.

Ob Tschentscher damit die Causa Warburg quasi zur Chefsache erklärt hat oder nur auf dem Laufenden gehalten werden wollte – darüber gehen die Meinungen zwischen Regierung und Opposition auseinander. Fest aber steht: Nur wenige Tage bevor seine Behörde das Finanzamt aushebelte, nahm sich ihr Chef der Sache an.

Der Linken-Abgeordnete Norbert Hackbusch fordert genau deshalb: „Jetzt müssen nicht nur die Akten aus dem Finanzamt, sondern auch aus der Finanzbehörde und der Senatskanzlei dem Untersuchungsausschuss vorgelegt werden. „ Nur daraus könne sich ergeben, ob Tschentscher die ganze Wahrheit gesagt oder doch Einfluss auf die Entscheidung genommen habe.

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