Regierungsberater fordern Geldwende: Das Kapital wird grün

Eine Öko-Finanzwende soll Deutschland zum führenden Standort für nachhaltige Investitionen machen. So fordern es Berater der Bundesregierung.

Zwei Arbeiter Vorbereitungen bei dem Aufbau einer Windenergieanlage V

Aufbau einer Windenergieanlage im Windpark Tempelfelde Willmersdorf Foto: Paul Langrock

HAMBURG taz | Der Weg zur ökologischen Nachhaltigkeit wird teuer. Allein die Finanzierung des europäischen „Green Deal“ bis 2030 kostet europaweit mindestens eine Billion Euro. Deshalb sollte die Bundesregierung auch Industrie und Finanzwirtschaft mit ins Boot holen. Dies schlägt zumindest der Sustainable-Finance-Beirat vor, ein BeraterInnengremium der Bundesregierung. In seinem am Donnerstag veröffentlichten Bericht „Shifting the Trillions – Ein nachhaltiges Finanzsystem für die Große Transformation“ spricht der Beirat 31 Empfehlungen aus. Ziel: „Deutschland zu einem führenden Standort für nachhaltige Finanzierungen zu machen“, sagt Beiratsvorsitzender Karsten Löffler.

Der Bundesregierung komme dabei die wichtigste Rolle zu. „Sie muss einen kohärenten, zukunftsfähigen und nachhaltigen Politikrahmen setzen.“ Zudem sollten Bund und Länder weitere nachhaltige Anleiheemissionen auflegen. Zuletzt hatte Finanzminister Olaf Scholz 5 Milliarden Euro mit einer grünen Anleihe eingenommen, zum Zinssatz von 0 Prozent. Bei den staatliche Banken wie die KfW düfrfte das auf Zustimmung treffen.

Schwieriger dürfte es hingegen werden, die Finanzmarktakteure von einer solch „grünen“ Transformation der Wirtschaft zu überzeugen und dafür „zusätzliche Mittel und vorhandene Kapitalströme“ in nachhaltige Geschäftsmodelle zu lenken. Ein grüner Lagebericht sollte, wie bei Aktiengesellschaften üblich, auch für Mittelständler Teil des geprüften Jahresabschlusses werden. Das würde Vergleichbarkeit schaffen und so den Trend zur Nachhaltigkeit fördern, den Beiratsmitglied Michael Schmidt von der Fondsgesellschaft Lloyd bei der Kundschaft spürt.

Im europäischen Vergleich sieht Beiratsfrau Silke Stremlau (Hannoversche Versicherungsgruppe) Deutschland im Mittelfeld. Um die 5 Prozent ihres Ersparten hätten Bundesbürger in nachhaltige Geldanlagen investiert. Im gewerblichen Bereich sei es etwas mehr. Eine Verbraucherampel, die alle Finanzprodukte von eins bis fünf bewertet, könnte helfen.

Zustimmung bei Banken und NGOs

„Die Empfehlungen des Beirats sind konkret und praxistauglich“, lobt Finanzwissenschaftler Löffler. Der Bericht findet jedenfalls breite Zustimmung: Sie reicht vom Auftraggeber über die Deutsche Kreditwirtschaft, der Dachorganisation aller Banken und Sparkassen bis zu NGOs wie Nabu. Ullrich Hartmann, Nachhaltigkeitsexperte des Beratungsunternehmens Pricewaterhouse-Coopers, lobt vor allem die Ausdehnung der Berichtspflichten auf eine Vielzahl von Firmen. Er weist allerdings auf die bislang fehlenden Daten zur Nachhaltigkeit in den meisten Unternehmen hin. „Hier steckt die größte Herausforderung.“

„Die Bundesregierung sollte mit der Umsetzung noch in dieser Legislaturperiode beginnen“, fordert Germanwatch. Auch Beirats-Mitglied Gerhard Schick von der NGO Finanzwende lobt die Empfehlungen als „eine gute Grundlage für die weitere Arbeit“. Er will vor allem die per Gesetz gemeinwohlorientierten Sparkassen in die Pflicht nehmen. Dieses Gemeinwohl müsse der Gesetzgeber nun „konkretisieren“.

Kritik kommt von dem Kapitalmarktexperten Friedrich Thießen. Die Bundesregierung solle nicht den Umweg über die Finanzmärkte nehmen. Erst umweltschädigende Aktivitäten zu erlauben und dann Dritte aufzufordern, diejenigen, die das Erlaubte machen, zu drangsalieren, findet Professor Thießen keine gute Ordnungspolitik. „Es ist die Politik des viel Redens und wenig Tuns, um keinem wirklich wehzutun.“

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